Linstow – Die Landwirtschaft muss sich auf weitere Reformen und eine Kürzung der Finanzmittel einstellen, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus heute auf dem VR-Landwirtschaftstag in Linstow. Im Zuge der Reform der Europäischen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 sei mit erheblichen finanziellen Einschnitten in der europäischen Förderung zu rechnen, so der Minister. Gleichzeitig werden die gesellschaftlichen Anforderungen an die Agrarbetriebe immer höher. Dies äußere sich unter anderem in der erneuten Revision der Düngeverordnung, die Landwirten zum Schutz von Böden und Gewässer zusätzliche Einschränkungen auferlegen soll.
„Unsere natürlichen Ressourcen sind unsere höchsten Güter und müssen konsequent geschützt werden. Der Landwirtschaft kommt dabei eine ganz besondere Verantwortung zu, die von vielen Betrieben der Branche bereits sehr Ernst genommen wird. Die Landwirtschaft ausschließlich als Gegenpol der Umweltpolitik zu betrachten, ist fatal und unzutreffend. Landwirte sind die Produzenten unserer Lebensmittel. Die rapide wachsende Menschheit ausreichend zu ernähren ist eine der größten gesellschaftspolitischen Herausforderungen überhaupt. Wir müssen Wege finden, wie wir die Betriebe dabei unterstützen können, noch umweltschonender zu wirtschaften ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden“, führte Minister Backhaus aus.
Als große Unbekannte bezeichnete er die bevorstehenden Europawahlen und das damit verbundene Entscheidungsvakuum. Detaillierte inhaltliche Diskussionen zur neuen GAP seien nicht vor Ende 2019 zu erwarten. „Wenn sich die aktuellen Prognosen bestätigen und die nationalen und reaktionären Kräfte mehrheitlich in das Europaparlament gewählt werden, besteht die Gefahr, dass die bislang vorliegenden Verordnungsentwürfe obsolet werden. Dann beginnt alles von vorn und wenn es ganz schlimm läuft, bekommen wir eine Renationalisierung der Agrarpolitik. Deshalb ist es wichtig, dass wir bei aller berechtigten Kritik an europäischen Regelungen nicht die EU gefährden“, sagte er weiter.
Als bisher einziges Bundesland hat Mecklenburg-Vorpommern hat ein eigenes umfassendes Modell für die künftige Gemeinsame Agrarpolitik entwickelt und sich damit aktiv in die europäische und bundespolitische Debatte zu diesem Thema umfassend eingebracht, betonte Backhaus. Im Kern geht es darum, einerseits die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zu erhalten und anderseits Anreize für die Erbringung ökologischer Leistungen zu schaffen. „Wir wollen, dass der Landwirt mit dem Erbringen von Umwelt- und Naturschutzleistungen Geld verdienen kann. Öffentliches Geld ist stärker an öffentliche Leistungen zu knüpfen“, sagte er weiter.
Mit Blick auf die vom Bund angeschobenen Nachbesserungen in der Düngeverordnung kritisierte er, dass die Vorschläge ohne Rücksprache mit den Ländern an die EU-Kommission gegangen sind. „Ursprünglich hatten wir uns darauf verständigt, erst die neue Düngeverordnung aktiv umzusetzen, um dann anhand aktuellerer Nitratwerte Aussagen zur Wirksamkeit der Vorgaben zu treffen“, so Minister Backhaus.
Insbesondere die Absenkung der Düngung in nitratbelasteten Gebieten auf minus 20 % unter dem Sollwert sei fachlich nicht zu vertreten und müsse hinterfragt werden. „Besonders negativ wird sich eine derartige Regelung auf den Weizen- und Gerstenanbau aber auch auf den Gemüseanbau auswirken. Ertragsrückgänge und vor allem Probleme bei den von den Abnehmern geforderten Qualitäten werden zu erheblichen Einkommensverlusten führen, die durch den Markt höchstwahrscheinlich nicht kompensiert werden können“, unterstrich er.
Die Bemühungen der Länder, das Grundstücksverkehrsgesetz anzupassen, treten auch trotz der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigten Bund-Länder-Initiative Bodenrecht weiterhin auf der Stelle, informierte Backhaus. „Auch wenn es vielleicht in Mecklenburg-Vorpommern aus unterschiedlichen Gründen kein Agrarstruktursicherungs- und -verbesserungsgesetz geben wird, habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Wir werden weiterhin andere Wege suchen, den beschriebenen Entwicklungen auf dem Bodenmarkt entgegenzutreten. Und wir werden auch weiterhin alles daran setzen, die Verpachtungskriterien im Land zugunsten ortansässiger Landwirte weiterzuentwickeln“, sagte er weiter.
Die Lage am Milchmarkt hat sich gegenüber 2016 entspannt ist aber weiterhin schwierig, konstatierte Minister Backhaus als weiteren Punkt. Die Milchpreise hielten sich relativ stabil. Diese hätten für 2018 nach vorläufigen Angaben bei durchschnittlich etwa 32,8 Cent/l für MV und 33,8 Cent/l für Deutschland gelegen. Die strukturellen Probleme der Branche bestünden aber nach wie vor. In zahlreichen Betrieben lägen die erzielbaren Milchpreise unter den Produktionskosten. Die Molkereistrukturen würden von den großen Playern dominiert, die bei ihren Entscheidungen die Interessen der Landwirte und des Landes nur wenig berücksichtigten.
Der Durchschnitt des Milchauszahlungspreises in MV gehört Backhaus zufolge regelmäßig zu den niedrigsten in Deutschland. Ziel müsse es deshalb sein, den Milcherzeugern wieder einen besseren Milchpreis zu zahlen. „Hier kann ich nur immer wieder an die Molkereien appellieren ihre Vermarktung zu verbessern, die Wertschöpfung zu vertiefen und auch bessere Risikovorsorge zu treffen. Auch die Neugestaltung der Lieferbeziehung hin zu einer Verteilung der Preisrisiken auf die gesamte Wertschöpfungskette bleibt weiterhin ein Thema. Das fehlende gemeinsame Handeln war und ist aus meiner Sicht das große Manko der Branche“, sagte er abschließend.