Schwerin – Das Land Mecklenburg-Vorpommern will Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung der Artenvielfalt weiter intensivieren. Eine Zwischenbilanz der bisherigen Anstrengungen habe ergeben, dass es bisher nicht gelungen ist, den Artenrückgang in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt aufzuhalten, sagte Umweltminister Dr. Till Backhaus heute im Rahmen eines Pressegesprächs an seinem Dienstsitz in Schwerin. In den Nationalen Naturlandschaften sehe die Lage deutlich besser aus: „In den Schutzgebieten geht unser Konzept zum Erhalt der Artenvielfalt auf! Der Erhaltungszustand vieler Arten und Lebensräume ist in den Nationalen Naturlandschaften deutlich günstiger als in der Gesamtlandschaft“, so der Minister.
Aktuell gibt es zwei Arbeiten zur Situation und Entwicklung der biologischen Vielfalt in Mecklenburg-Vorpommern – eine Halbzeitbilanz für die bisherige Umsetzung des 2012 veröffentlichten Biodiversitätskonzepts, das in 13 Aktionsfeldern 73 konkrete Ziele und Maßnahmen bis 2020 für das gesamte Land formuliert, und die Evaluierung der Situation in den Nationalen Naturlandschaften durch das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie, die Nationalparkämter und die Biosphärenreservatsämter auf Basis vorhandener Datensätze.
„Wenn wir einen Blick in die Gesamtlandschaft werfen, müssen wir feststellen, dass 44 Prozent der betrachteten Tier- und 34 Prozent der betrachteten Pflanzenarten gefährdet oder bereits ausgestorben sind. Damit fällt die Halbzeitbilanz natürlich nicht so aus, wie wir es uns wünschen würden. Aus meiner Sicht ist das Glas aber nicht halb leer, sondern halb voll. Denn im Ergebnis haben wir bislang viele der uns selbst gesetzten, ambitionierten Ziele erreicht. Damit steht Mecklenburg-Vorpommern im Bundesvergleich nicht schlecht dar“, betonte Minister Backhaus.
Eine Verbesserung der Bestände konnte unter anderem beim Großen Feuerfalter, der Kegelrobbe, dem Ostseeschnäpel und dem Steinbeißer nachgewiesen werden. Der positive Trend bei diesen Arten sei unter anderem auf umfangreiche Wiedervernässungsmaßnahmen, fischereiliche Besatzprogramme und das Herstellen naturnaher Gewässerstrukturen zurückzuführen. „Die genannten Erfolge zeigen, dass Verbesserungsmaßnahmen in den Lebensräumen zu einer Verbesserung der Erhaltungszustände von Arten führen. Hier müssen wir weiter ansetzen!“, unterstrich Backhaus.
Mit Blick auf die Küstengewässer sowie die Fließgewässer und Seen, werde es künftig um die konsequente Reduzierung der Nährstoffeinträge, nicht zuletzt durch die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und die novellierte Düngeverordnung gehen, sagte er weiter. Darüber hinaus will das Land weiterhin Moorschutzkonzepte auf Grundlage des Freiwilligkeitsprinzips fördern. Der Schwerpunkt werde bis 2020 u.a. auf Maßnahmen in Waldmooren liegen, informierte er.
Am Beispiel der Trockenlebensräume, wie Magerrasen, Heiden, kleinen Kuppen und Binnendünen, habe sich gezeigt, dass der günstige Erhaltungszustand dort aufrechterhalten und wiederhergestellt werden kann, wo regionale Akteure gemeinsam mit den Flächennutzern oder Dritten die Pflege oder erste Biotop einrichtende Projekte initiieren. „Das bringt mich zu einem ganz zentralen Punkt: Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist eine gesellschaftliche Kernaufgabe, die sich nur umsetzen lässt, wenn alle Interessensgruppen ihren Teil dazu beitragen“, so der Minister.
Eine besondere Verantwortung sieht er nach wie vor bei der Landwirtschaft: „Unsere Landwirte denken den Umweltschutz bereits sehr gut mit. In Mecklenburg-Vorpommern in 2018 beispielsweise insgesamt 7.824 Hektar einjährige und mehrjährige Blühstreifen- und -flächen beantragt. Damit hat sich die Antragsfläche gegenüber dem Vorjahr explosionsartig um mehr als 200 Prozent erhöht“, freute sich der Minister. Weiter erhöht werden müsse der Umfang an Brach- und Dauergrünlandflächen sowie an Ackerflächen, die an erosionsmindernden Förderprogrammen teilnehmen. Auch die Landesforst bringe sich z.B. durch die Wiedervernässung von Waldmooren aktiv ein.
In den Nationalen Naturlandschaften sei der Erhaltungszustand vieler Arten deutlich besser als in der Gesamtlandschaft, verglich Backhaus. „Einzelne Arten, wie Fuchs´sches Knabenkraut, Menetrie´s Laufkäfer, Goldener Scheckenfalter, Blauschillernder Feuerfalter Uferschnepfe oder Großer Brachvogel kommen so gut wie nur noch in den Schutzgebieten vor und bilden die Ausgangspopulationen für die Wiederbesiedlung außerhalb dieser Areale. Als großräumige Kernflächen eines landesweiten Biotopverbunds können sie außerdem der Verinselung der Bestände entgegenwirken“, sagte er weiter.
Auch habe die Evaluierung in den Nationalen Naturlandschaften gezeigt, dass sich Arten und Lebensräume durch spezielle Pflegekonzepte wieder positiv entwickeln, erklärte Minister Backhaus. Dies gelte beispielsweise für verschiedene Orchideenarten, die einer aufwendigen Pflege bedürfen. „Für mich sind die Schutzgebiete daher auch eine Art Versuchslabor, in dem Pflegekonzepte und Maßnahmen mit dem Ziel getestet werden können, sie landesweit zur Anwendung zu bringen.“
„Für mich sind die bislang gewonnenen Erkenntnisse eine Diskussionsgrundlage. Wer in andere Länder schaut, weiß, dass das Artensterben ein globales Problem und der Erhalt der Artenvielfalt eine globale Aufgabe ist. Ein großes Manko ist in meinen Augen immer noch die unzureichende Datenlage. Wir in Mecklenburg-Vorpommern haben mit dem Biodiversitätskonzept eine wichtige Grundlage geschaffen, um die Situation hier bei uns im Land zu eruieren und zu verbessern. Das Konzept ist zwar zunächst bis zum Jahr 2020 ausgelegt; der Schutz der Biologischen Vielfalt ist aber ein Prozess der nie abgeschlossen sein wird, denn in der Natur gibt es keinen Stillstand. Es ist wichtig, in regelmäßigen Abständen den Stand der Zielerreichung zu überprüfen und die eigenen Maßnahmen zu hinterfragen“, sagte Minister Backhaus abschließend.
Fast ein Fünftel der Landesfläche Mecklenburg-Vorpommerns gehört zu den geschützten Nationalen Naturlandschaften (NNL). Die drei Nationalparks, die drei Biosphärenreservate und die sieben Naturparks Mecklenburg-Vorpommerns nehmen rund 545.700 Hektar der Landesfläche ein.
Zusammen mit den Naturschutz- und den Landschaftsschutzgebieten kommt unser Land sogar auf fast 1 Million Hektar Schutzgebietsfläche.
Hinzu kommen Schutzgebiete von europäischer Bedeutung (Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, Europäische Vogelschutzgebiete und Natura 2000-Gebiete). Die Gesamtfläche der genannten Schutzgebiete beträgt 1.418.300 ha, das sind 45,8 % der Landesfläche inkl. Hoheitsgewässer (3.098.600 ha).