Schwerin – Die letzten Nachweise der Afrikanischen Schweinepest in Westpolen liegen inzwischen nur noch etwa 160 Kilometer (Luftlinie) und die äußere Begrenzung der Restriktionszonen etwa 120 km von der Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern entfernt.
„Nach Einschätzung von Experten des Friedrich-Loeffler-Institutes befindet sich die Seuche in Westpolen in einer Phase des maximalen Wachstums. In den nächsten Wochen müssen wir daher mit stetig steigenden Fallzahlen sowie mit einer weiteren und vor allem schwer abzuschätzenden Ausbreitung des Geschehens rechnen“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus heute im Rahmen seiner Jahresabschlusspressekonferenz.
Letzten Donnerstag trafen sich Landestierarzt Dr. Dirk Freitag, Vertreter des Veterinär- und Lebensmittelüber-wachungsamtes des Landkreises Vorpommern-Greifswald mit den zuständigen Veterinären der Woiwodschaft Westpommern in Szczecin, um sich mit den polnischen Kollegen über Krisenstrukturen und Bekämpfungsstrategien auszutauschen.
„Im Ergebnis können wir sagen, dass in diesem Verwaltungsbezirk unseres Nachbarn die Vorbereitungen auf eine mögliche Einschleppung der ASP in gleicher Weise wie bei uns auf Hochtouren laufen und vergleichbare Krisenstrukturen bestehen wie hierzulande“, erklärte Backhaus. Bei dem Treffen einigten sich die Fachleute beider Länder im engen Kontakt zu bleiben und die Maßnahmen für den Fall eines grenzüberschreitenden Geschehens abzustimmen, um ein konzertiertes Vorgehen zu erreichen.
Um einen Eintrag der ASP nach Mecklenburg-Vorpommern möglichst schnell zu erkennen, werden im gesamten Landesgebiet Untersuchungen zur Früherkennung der ASP durchgeführt. Die Landesbehörden stehen zudem in engem Austausch mit den Landräten der Landkreise und den Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte.
Im Falle eines Seuchenausbruchs bei Wildschweinen werden die Restriktionsgebiete und die darin umzusetzenden Maßnahmen und Verbote von den örtlich zuständigen Veterinärämtern festgelegt. Im Unterschied zum ASP-Ausbruch bei Hausschweinen gibt weder das europäische noch das nationale Tierseuchenrecht Mindestradien für die einzurichtenden Restriktionszonen vor. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen wird zur Errichtung des gefährdeten Gebietes ein Radius von ca. 10 Kilometern um die Abschuss- oder Fundstelle empfohlen.
Zusätzlich kann die zuständige Behörde innerhalb des gefährdeten Gebietes ein Kerngebiet (empfohlener Radius um die Fundstelle: 3 bis 5 km) einrichten. Um das gefährdete Gebiet muss zudem eine Pufferzone (empfohlener Radius um das gefährdete Gebiet: 10 km) eingerichtet werden. Somit entstehen große Restriktionsgebiete mit einem Gesamtradius von ca. 20 km um den Fundort eines positiv getesteten Wildschweins. Diese Gebiete müssen intensiv überwacht und regelmäßig entsprechend der sich entwickelnden Seuchenlage angepasst werden.
Für den ASP-Fall hat das Land bereits im Sommer 2018 einen 50 km langen Elektrozaun angeschafft. „Ob der Einsatz des Zaunes zur lokalen Begrenzung des Seuchengeschehens eine sinnvolle Handlungsoption darstellt, hängt unter anderem vom betroffenen Gebiet, der Wildschweindichte in diesem Bereich sowie vom generellen Ausbreitungsgeschehen ab“, erklärte Minister Backhaus.
Im Sinne der Früherkennung hat das Land zudem eine verstärkte Fallwildsuche angeordnet, die von den lokalen Behörden organisiert und durchgeführt wird. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 141 Indikatortiere und bis Ende Oktober 2019 125 Indikatortiere auf ASP untersucht. Alle bisherigen Untersuchungen blieben ohne Nachweis. Die Bergung von Fallwild im ASP-Fall erfolgt durch das zuständige Veterinäramt oder durch mit diesen Aufgaben entsprechend geschulte und beauftragte Personen. Proben von verendeten Wildschweinen sind im Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) zu untersuchen.
Nach amtlicher Feststellung der ASP in einem Hausschweinebestand wird die sofortige Tötung und unschädliche Beseitigung der Schweine des Ausbruchsbetriebes durch das örtlich zuständige Veterinäramt angeordnet, informierte der Minister. Um den betroffenen Betrieb werden ein Sperrbezirk mit einem Radius von mindestens 3 km und ein Beobachtungsgebiet mit einem Radius von mindestens 10 km festgelegt. Im Sperrbezirk sind alle Schweine haltenden Betriebe innerhalb von sieben Tagen auf ASP hin zu überprüfen. Im Beobachtungsgebiet erfolgt ebenfalls eine Untersuchung und Probenahme in Beständen, in denen Schweine verendet oder erkrankt sind.
„Ich hoffe sehr, dass uns ein solches Szenario erspart bleibt“, betonte Backhaus. Neben dem Leid der Tiere, dem emotionalen Verlust für den Tierhalter, sei ein Übergreifen der ASP auf Hausschweinbestände auch mit enormen wirtschaftlichen Schäden verbunden. Drittländer würden sofort ein Importverbot auf Schweine und Schweinefleischprodukte aus ASP-betroffenen Gebieten/Ländern verhängen, die auch noch Jahre nach einer erfolgreichen Bekämpfung anhalten könnten.
Laut Deutschem Bauernverband bewegten sich die Einnahmeverluste für die Schweinehalter sowie für die vor- und nachgelagerten Bereiche der Futter- und Lebensmittelherstellung in Deutschland in zweistelliger Milliardenhöhe. Für Mecklenburg-Vorpommern sei bei ca. 830.000 Hausschweinen mit einem Schaden von 980 Millionen Euro pro Jahr für Handelsausfälle, Tierverluste und Entschädigungszahlungen zu rechnen.
„Entschädigt wird der gemeine Wert eines Tieres, der nach Schätzgrundsätzen der Tierseuchenkasse vom zuständigen Amtstierarzt geschätzt wird. Die Entschädigung wird von der Tierseuchenkasse erstattet, sofern der Tierhalter nicht schuldhaft gegen einschlägige Rechtsgrundlagen, z.B. gegen das Tiergesundheitsgesetz, die Schweinepest-Verordnung oder die Schweinehaltungshygieneverordnung verstoßen hat. Vor diesem Hintergrund kann ich immer wieder nur auf die Wichtigkeit der Einhaltung der Biosicherheit und somit des Seuchenschutzes in den Schweinehaltungen hinweisen,“ so Minister Backhaus.
Zusätzlich zur Entschädigung erstattet die Tierseuchenkasse dem Tierhalter auch die bei der Tötung und Beseitigung der Schweine entstandenen Kosten. Das Land beteiligt sich an all diesen Kosten zu 50 Prozent.