Schwerin – Anlässlich der aktuellen Debatte im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns über alternative Methoden zu Tierversuchen, erklärt der Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus: „Tierversuche stehen seit Jahren in der Kritik und das verwundert kaum. Dem Bundesamt für Risikobewertung zufolge lag die Zahl der Tierversuche im Jahr 2020 bei knapp 1,9 Mio.. Der überwiegende Anteil wurde in der Grundlagenforschung benötigt – nämlich 58 Prozent. 19 Prozent der Tiere wurde für gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitstests von Chemikalien oder neuen Medikamenten eingesetzt, zum Beispiel gegen Volkskrankheiten wie Diabetes, Krebs, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Infektionen und Immunerkrankungen.
Diese Gesamtzahl beinhaltet auch Tiere, die für wissenschaftliche Zwecke getötet werden, ohne dass an ihnen zuvor Eingriffe oder Behandlungen vorgenommen wurden – beispielsweise um Organe oder Zellmaterial dieser Tiere für Alternativmethoden zu verwenden.
Mäuse und Ratten machen mit fast 80 Prozent der eingesetzten Versuchstiere den Hauptanteil aus.
Zu den „Hochburgen für Tierversuche“ gehören München (301 Datenbankeinträge), Berlin (289), Göttigen (234) und Hannover 209) – Quelle: Ärtze gegen Tierversuche e.V.. Die Standorte aus MV – Rostock (42), Riems (32), Greifswald (15) – bewegen sich im unteren Mittelfeld.
Bei aller Einsicht in die Notwendigkeit von Tierversuchen: Für jeden, der Tiere mag oder der selbst Tiere zu Hause hält, sind diese Zahl unvorstellbar und nicht zu akzeptieren.
Sie können sicher sein: Auch ich würde Tierversuche lieber heute als morgen abschaffen – aber ganz so einfach ist das nicht – so lange es keine verlässlichen Alternativen gibt. Wir bewegen uns aber auch jetzt nicht im luftleeren Raum. Tierversuche unterliegen in Deutschland grundsätzlich der Genehmigungspflicht. Dafür gibt es ein umfassendes Antrags- und Genehmigungsprozedere.
In Mecklenburg-Vorpommern ist dafür das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei in Rostock zuständig. Gemeinsam mit der Tierversuchskommission, in der Wissenschaftler und Vertreter des Tierschutzes vertreten sind, wird jeder einzelne Antrag dort gründlich geprüft.
Denn Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie unerlässlich sind. Aus diesem Grund sind beispielsweise Tierversuche zur Entwicklung von Kosmetik und Hygieneprodukten in Deutschland bereits verboten. Untersagt ist auch der Import solcher Produkte, wenn sie an Tieren getestet wurden. In anderen Bereichen kommen wir jedoch noch nicht ohne Tierversuche aus.
Das gilt vor allem für die Grundlagenforschung oder in der Medizin.
Neue Wirkstoffe müssen in Tierversuchen auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen getestet werden – das ist gesetzlich vorgeschrieben. Außerdem sind Tierversuche mitunter für die Erkennung von umweltgefährdenden Einflüssen erforderlich. Auch die Giftigkeit von Chemikalien wird mittels Tierversuchen überprüft. Hierfür werden zwar mittlerweile vermehrt Zellkulturen, künstliche Gewebe und Organe eingesetzt.
Damit lassen sich aber Tests an einem kompletten Organismus nicht gänzlich ersetzen.
Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, das zu ändern.
Es muss uns gelingen, Tierversuche durch alternative Forschungsmethoden entbehrlich zu machen. Deshalb unterstütze ich die Verbesserung und Stärkung alternativer Forschungsmethoden inhaltlich voll und ganz. Das wird aber nicht von heute auf morgen gehen. Und vor allem ist das Ganze nicht zum Nulltarif zu haben.
Diese Tatsachen blendet die AfD in ihrem heute gestellten Antrag völlig aus. Außerdem lässt sie unerwähnt, welche Bemühungen auf dem Gebiet bereits unternommen werden:
So wurde 2021 das Tierschutzgesetz geändert und strengere Regeln für Tierversuche eingeführt, um den Schutz der Versuchstiere zu erhöhen. Beispielsweise wurde die Genehmigungspflicht ausgeweitet auf Tierversuche, die zum Zweck der Aus-, Fort- und Weiterbildung erfolgen. Außerdem wurden die Kontrollregelungen detaillierter ausgestaltet.
Es sollte an dieser Stelle auch nicht unerwähnt lassen, dass sich die AfD bei der Abstimmung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes – Schutz von Versuchstieren (Drucksache 19/27629) enthalten hat.
Die Fraktion DIE LINKE und andere Abgeordnete brachten dazu ebenfalls einen Antrag ein („Tierversuchsfreie Forschungsmethoden fördern – Den verbindlichen Ausstieg aus dem Tierversuch schaffen“ – Drs. 19/29275).
Dieser Antrag forderte die Bundesregierung insbesondere auf, einen verbindlichen Zeitplan für den schnellstmöglichen und vollständigen Übergang von der tierexperimentellen zur tiergebrauchsfreien Forschung zu erarbeiten und dabei Forschungs-, Medizin- und Tierschutzorganisationen entsprechend einzubinden. Der Antrag wurde von der AfD abgelehnt.
So wichtig scheint ihr der Tierschutz denn doch nicht zu sein. Uns hingegen schon.“