Bad Doberan – Laut aktueller Waldzustandserfassung ist der Klimawandel weiterhin spürbar und spiegelt sich im Gesundheitszustand der Wälder in Mecklenburg-Vorpommern wider. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass sich der Gesundheitszustand der Wälder Mecklenburg-Vorpommers nicht verbessert hat, so der Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus, anlässlich der Besichtigung des Forschungsprojekts HydroForMix im Bereich des Forstamtes Bad Doberan bei Schwaan.
„Die im letzten Jahr durchgeführte Erhebung an 2.472 Probebäumen ergab, dass sich der Gesundheitszustand der Wälder unseres Landes aufgrund der extremen Witter ungsverhältnisse wieder verschlechtert hat. Der Anteil von Bäumen mit deutlichen Schäden (Bäume mit mehr als 25 % Nadel- oder Blattverlust) erhöhte sich von 20 % im Jahr 2021 auf 26 % im Jahr 2022.
Um den Gesundheitszustand der einzelnen Baumarten beurteilen zu können, wird insbesondere der mittlere Nadel- und Blattverlust herangezogen. Es ist es besonders erschreckend, dass sich die Vitalität bei fast allen Baumarten verschlechtert hat“, führt der Minister weiter aus und geht auf weitere Ergebnisse der Untersuchung ein:
„Als die in MV am weitesten verbreitete Baumart bestimmt die Kiefer mit ihrem Gesundheitszustand wesentlich das Ergebnis der Erhebung.Ihr mittlerer Nadelverlust beträgt 22,5 %. Die sehr warme und trockene Witterung der vergangenen Jahre zeigt auch bei der Kiefer Auswirkungen, die sich in einem verschlechterten Kronenzustand zeigen. Trotz ihres vergleichsweise tiefreichenden Wurzelsystems und der allgemein hohen Trockenheitstoleranz ist auch die Kiefer unter Klimastress geraten.
Sorge bereitet mir die Ausbreitung der Kleinen grünen Kiefernbuschhornblattwespe im Südwesten unseres Landes. Wir beobachteten dort im Herbst starke Nadelverluste, verursacht durch den Fraß der Blattwespenraupen auf ca. 2.000 Hektar. Wir haben dort unser Waldschutzmonitoring intensiviert, um die Populationsentwicklung und auch die Gefährdung der betroffenen Bestände ableiten zu können.
Die Fichte als flachwurzelnde Baumart ist im besonderem Maße durch die Belastungen der langanhaltenden warm-trockenen Witterung betroffen. Der mittlere Nadelverlust stieg um im Vergleich zum Vorjahr um 7,3 % auf 27,2 % an. Der Kronenzustand ist so schlecht wie noch nie in der bisherigen Erhebung des Waldzustandes seit 1992.
Beim Kronenzustand der Eichen zeigt sich insgesamt eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr. Der mittlere Blattverlust verringert sich um 1,1 % auf 21,8 %. Damit ist im dritten Jahr in Folge eine Abnahme der mittleren Kronenverlichtung bei der Eiche zu beobachten. Der Gesundheitszustand der Eiche ist jedoch permanent schlecht. Er unterliegt nicht den extremen Schwankungen und deutet somit darauf hin, das Eichen mit trockenen und „extremeren“ Standortsituationen gut zurechtkommen.
Nach dem Rekordjahr 2019, indem die Kronenverlichtung bei der Buche mit 31 % so hoch war wie noch nie, folgten zwei Jahre bei denen eine Verbesserung des Kronenzustands beobachtet werden konnte. Die langanhaltende warm-trockene Witterung in diesem Jahr wirkt sich widererwarten negativ auf die Vitalität aus und eine Verschlechterung des Kronenzustands ist zu erkennen. Der mittlere Blattverlust erhöht sich um 2,1 % auf 22,9 %. Neben der ungünstigen Witterung ist für die Buche auch die starke Fruktifikation belastend.
Die ersten Folgen des Klimawandels sind bereits heute spürbar und wir rechnen mit weiteren Veränderungen. Insbesondere mit ansteigenden Temperaturen, vor allem wärmeren Wintern, abnehmenden Sommerniederschlägen und mit einer Zunahme extremer Witterungsereignisse (Orkane, Dürre und Überschwemmungen)
Die vier schweren Stürme „Nadia“, „Zeynep“, „Ylenia“ und „Antonia“ verursachten Anfang des Jahres 2022 mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 134 km/h eine Schadholzmenge von insgesamt rund einer Million Festmeter. Betroffen waren alle Landesteile, besonders stark allerdings Vorpommern. Nach 1992, als dem Orkan „Ismene“ und dem Sturmtief „Verena“ zusammen ca. 1.200.000 Festmeter Holz zum Opfer fielen, war die Serie von Orkan- und Sturmtiefs in 2022 eine der heftigsten in den letzten 30 Jahren.
Auch die Waldbrandgefährdung war in 2022 wie in den Vorjahren extrem hoch. MV mit seiner Waldfläche von 558 Tausend Hektar gehört zu den waldbrandgefährdeten Gebieten in Deutschland. Vor allem in den großflächigen Kiefernwaldgebieten der Landkreise Mecklenburgische Seenplatte, Vorpommern-Greifswald und Ludwigslust-Parchim ist die Zündbereitschaft bei entsprechender Wetterlage besonders hoch.
Insgesamt kam es 2022 landesweit zu 70 Waldbränden mit einer Brandfläche von nur 9,57 ha (2021: 30 Waldbrände, 15 ha). Dies bedeutet 0,14 ha (1400 qm) Fläche je Brandherd. „Wir sind froh über unsere flächendeckende kameragestützte Waldbrandüberwachung, die wesentlich zur frühzeitigen Erkennung und schnellen Bekämpfung von Waldbränden beiträgt“, resümiert Backhaus.
„Der weitere Verlauf hinsichtlich des Gesundheitszustandes unserer Wälder ist natürlich im Wesentlichen von der Witterung abhängig. Niemand kann uns sagen, wie es im Frühjahr – und damit zu Beginn der Vegetationsperiode – aussieht, geschweige denn den kommenden Sommer prognostizieren.
Daher ist es unser Ziel, die Wälder im Land so zu entwickeln, dass sie nicht nur an die aktuellen Standortsgegebenheiten gut angepasst sind, sondern sie müssen wegen der Veränderungen des Klimas auch über eine möglichst große Anpassungsfähigkeit verfügen. Das Schlagwort dafür lautet: „Klimaangepasster Dauerwald“.
Wir gehen davon aus, dass eine Erhöhung des Anteils standortangepasster und naturnaher Mischbestände mit höheren Laubholzanteilen eine größere Stabilität, Anpassungsfähigkeit und Risikostreuung der Wälder im Klimawandel bedeutet.
Zur Absicherung des standortgerechten Waldumbaus bedarf es weiterer Forschungsaktivitäten, um die sich ändernden Standort-Leistungs-Beziehungen sowie die Gefährdungen durch biotische und abiotische Risiken besser baumartenspezifisch abschätzen zu können“, fährt der Minister fort und ergänzt:
„Die Mischung verschiedener Baumarten wird sich positiv auszuwirken, die zugrundeliegenden Mechanismen sind aber auch hier noch nicht abschließend erforscht.
Es freut mich daher sehr, dass wir hier in Mecklenburg-Vorpommern das Forschungsprojekt HydroForMix etablieren konnten. Es ist ein Projekt der Landesfrost MV im Forschungsverbund mit der Universität Rostock und der Universität Greifswald, welches aus Mitteln des Waldklimafonds finanziert wird.
Auch wenn es derzeit noch Kenntnislücken über Ausmaß und Tempo des Klimawandels gibt, nehmen wir diese Entwicklung sehr ernst und geben gut acht auf einen unserer bedeutenden Klimaschützer – den Wald
Wir leisten bereits heute einen aktiven Klimaschutzbeitrag, indem wir unsere Waldfläche mehren. Im Rahmen der Landesinitiative „Unser Wald in Mecklenburg-Vorpommern“ habe ich eine Aufforstungskampagne auf den Weg gebracht.
10 % der landeseigenen Flächen, das sind 8.600 Hektar, werden in den nächsten 10 Jahren aus der landwirtschaftlichen Nutzung genommen und für Erstaufforstung, für Moor- und Naturschutzmaßnahmen und zur Umsetzung der WRRL verwendet.
Damit stehen jedes Jahr über 400 Hektar zur Waldmehrung zur Verfügung – das ist ein bundesweit einzigartiges Aufforstungsprogramm.
Nach Abschluss der Aufforstungsperiode 2022/23 wurden somit seit 2020 1.350 ha Neuwald geschaffen. Der Wald – der Erhalt des Waldökosytems und die Waldmehrung sind wesentliche Schwerpunkte beim natürlichen Klimaschutz. Daher werde ich mich im Rahmen des Klimaschutzgesetzes dafür einsetzen, dass wir die Waldfläche in MV weiterhin mehren und wir somit einen großen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten“, so Backhaus abschließend.