Schwerin – Morgen erinnert der Weltflüchtlingstag wieder daran, dass weltweit Millionen von Menschen aus Gründen wie Krieg, Hunger oder politischer Verfolgung gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Innenminister Christian Pegel nimmt den Gedenktag, den die Vereinten Nationen 2001 eingerichtet haben, zum Anlass zu betonen, dass es die Menschlichkeit gebiete, diesen Menschen zu helfen – und zugleich allen zu danken, die helfen, die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen:
„Wir in Mecklenburg-Vorpommern haben seit Anfang 2022 bis zum 30. Mai 2023 insgesamt 6.819 Asylbewerber aufgenommen. 4.656 waren es im vergangenen Jahr, dieses Jahr bis 30. Mai 2.163. Zum Vergleich: Im Corona-Pandemie-Jahr 2021 wurden insgesamt 2.843 Asylbewerber in M-V aufgenommen. Außerdem ließen sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 bis zum 13. Juni 2023 insgesamt 28.980 ukrainische Kriegsvertriebene in M-V registrieren. Zusammengenommen haben also sogar mehr Menschen bei uns Zuflucht gesucht als 2015, bis dato mit knapp 19.000 neuen Asylbewerbern das Jahr mit dem höchsten Zuwachs“, gibt Christian Pegel einen Blick in die Statistik wieder und:
„Damit hielten sich zum Stichtag 30. April dieses Jahres 7.483 Asylbewerber und am 11. Juni 23.419 (Stand: 11.06.2023) ukrainische Kriegsvertriebene bei uns im Land auf. Die Asylbewerber stammen am häufigsten aus Afghanistan, Syrien, der Türkei, der Russischen Föderation und Georgien. Außerdem hielten sich am 30. April in M-V 2.886 abgelehnte Asylbewerber auf, die über eine Duldung zum Aufenthalt bei uns verfügen.“
„Diese große Anzahl von Menschen unterzubringen und zu versorgen, stellen Landesregierung und vor allem unsere Landkreise, Städte und Gemeinden, die die Aufnahme und Unterbringung ganz praktisch umsetzen, vor immense Aufgaben. Dass wir diese bislang gut bewältigen konnten, ist Verdienst sehr vieler Menschen in unserem Land, die sich haupt- oder ehrenamtlich dafür einsetzen, dass die Geflüchteten bei uns menschenwürdig untergebracht und versorgt werden. Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank. Ich bin überzeugt, dass wir mit vereinten Kräften auch weitere Herausforderungen gut meistern“, sagte der Minister.
Aufnahmekapazitäten massiv erhöht
Kommunen und Land haben ihre Kapazitäten seit Anfang 2022 deutlich erhöht. Schwierigste Aufgabe sei aktuell die Unterbringung von Geflüchteten, die neu nach M-V kommen:
„Die Landkreise, Städte und Gemeinden haben in den vergangenen Monaten noch einmal erhebliche weitere Kapazitäten mobilisiert, die jetzt zusätzlich zur Unterbringung bereitstehen. Stand 30. April stellten sie 7.886 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften für die Unterbringung von Asylbewerbern und abgelehnten Asylbewerbern zur Verfügung. Zum Vergleich: Ende 2021 waren dies 6.439 Plätze. Die kurzfristige Unterbringung in Notunterkünften von ukrainischen Kriegsflüchtlingen war und ist die Ausnahme. Das bedeutet aber auch, dass die Kommunen in Sachen Wohnraum erhebliche Herausforderungen zu lösen haben“, so Pegel.
Dasselbe gelte für die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes an den Standorten Nostorf-Horst und der Außenstelle Stern-Buchholz, in denen zunächst alle Asylbewerber aufgenommen werden, die der Bund M-V zuweist, bevor sie in die Kommunen verteilt werden:
„Wir haben unsere Kapazitäten seit Anfang 2022 bis Ende März 2023, sprich binnen 15 Monaten, um rund 500 Plätze von 1.300 auf ca. 1.800 erhöht, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner durchschnittlich zwölf Wochen verweilen“, sagt Christian Pegel und fügt hinzu:
„Wir suchen ebenso wie die Kommunen nach Erweiterungsmöglichkeiten. Wir setzen vor allem auf den Bund, dass er weitere leerstehende Immobilien für die Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung stellt, so wie er es mit zwei ehemaligen Kasernen – eine in Stralsund seit 2016 und eine in Parow im Kreis Vorpommern-Rügen seit 2022 – bereits getan hat.“
Gemeinsame EU-Politik ja, Asylrecht beschneiden nein
Die Lage sei in allen Bundesländern vergleichbar angespannt und ein Rückgang der Zuwanderung nicht absehbar. „Die Gesamtsituation kann nur solidarisch gelöst werden. In diesem Hinblick begrüße ich das Ziel der Innenministerinnen und Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten für eine gemeinsame europäische Migrationspolitik. Wichtig ist dabei, dass das Asylrecht nicht eingeschränkt wird“, so Christian Pegel. Die vorgeschlagene solidarische Verteilung in Europa und insbesondere das klare Bekenntnis zur Sanktionierung jener, die sich in Europa nicht solidarisch an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen wollen, sei ein wichtiger Schritt für mehr europäisches Miteinander.
„Ebenso sind verpflichtende Standards für die menschenwürdige Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in ganz Europa ein wichtiger Schritt in der europäischen Migrationspolitik. Es sind aber viele für eine Bewertung des EU-Kompromisses wichtige Detailfragen noch offen. Ich werde in den Diskussionen der kommenden Monate vor allem auf eine besonders sensible Behandlung von Familien mit Kindern drängen, die unseres besonderen Schutzes bedürfen“, führte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister weiter aus. Außerdem fordert er:
„Unbenommen dessen bleibt die Bundesregierung in der Verantwortung, Länder und Kommunen verlässlich und langfristig bei den aus der Migration folgenden Aufgaben der kurzfristigen Unterbringung und Versorgung, vor allem aber der langfristigen Integration zu unterstützen. Der Bund muss zudem die Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge noch einmal deutlich vereinfachen und entbürokratisieren, denn Arbeit erleichtert Integration.“
Hintergrund
Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entsprechend des Königsteiner Schlüssels auf die Länder verteilt und dort zunächst in deren Erstaufnahmeeinrichtungen aufgenommen. In M-V regelt dann das Flüchtlingsaufnahmegesetz Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit der Zuwanderungszuständigkeitsverordnung M-V die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf kommunaler Ebene. Sie werden den Landkreisen und kreisfreien Städten gemäß einem Verteilungsschlüssel zugewiesen, der sich nach den Einwohnerzahlen errechnet.
Als einziges Bundesland neben Bayern erstattet Mecklenburg-Vorpommern den Landkreisen und kreisfreien Städten die notwendigen Aufwendungen für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen vollständig.