Schwerin – Sozialministerin Stefanie Drese stellte am heute gemeinsam mit dem Kinderschutz-Experten Hans Leitner die Handreichung: „Datenschutz – (k)ein Hindernis im Kinderschutz(!)?“ in der Landespressekonferenz vor. Die Publikation erörtert bundesweit erstmals in diesem Umfang, wann Datenschutz im Kinderschutz zu berücksichtigen ist und wann er hinter gesetzlichen Regelungen zurücktritt.
„Kinderschutz hat viele Dimensionen. Die Sicherheit im Kinderschutzhandeln setzt auch Kenntnisse im Umgang mit personenbezogenen Daten und Vorschriften voraus. Oft geht es um besonders sensible Informationen“, machte Drese deutlich.
Auf knapp 300 Seiten behandelt die Handreichung unter anderem das Datenschutz-System, die verfassungsgesetzlichen und landesrechtlichen Grundlagen bzw. Vorschriften sowie die Betroffenenrechte.
„Für Fachkräfte der Jugendhilfe und ihre Kooperationspartner ist es wichtig zu wissen, auf welcher Grundlage Entscheidungen im Kinderschutz getroffen werden und wie sich das Verhältnis zwischen Datenschutz und Vertrauensschutz gestaltet“, so Drese. Oft müssten die Mitarbeitenden in Einzelfällen abwägen, wann Informationen weitergegeben dürfen oder sogar müssen oder eben nicht. „Viele Akteure, die in Ausübung ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit in Kontakt mit Kindern und Jugendlichen kommen, sind unsicher und haben Sorge, etwas falsch zu machen“, erklärte Drese.
Deshalb habe das Sozialministerium auch mit Blick auf Kinderschutzfälle entschlossen, eine praktische, gut lesbare Arbeitshilfe im Umgang mit dem Datenschutz im Kinderschutz zu entwickeln, betonte die Ministerin.
Hans Leitner von der Start gGmbH, einer der Autoren der Handreichung und Mitinitiator des Bündnisses Kinderschutz Mecklenburg-Vorpommern sowie Leiter der Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg, veranschaulichte die Herausforderungen für die Praxis: „Im Jahr 2022 erreichten die acht Jugendämter im Land mehr als 5.000 Gefährdungsmeldungen. In allen Fällen mussten durch die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter Verdachtsmomente überprüft, Einschätzungen vorgenommen und in über 1.500 Fällen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen eingeleitet werden.
Dies war in jedem Fall mit der Abwägung verbunden, inwieweit Persönlichkeitsrechte Dritter zum Wohle eines Kindes im erlaubten Maße einzuschränken gewesen sind. Hier sind im Sinne unserer Handlungsempfehlung Kompetenz und Handlungssicherheit gefragt.“
Die Handreichung orientiere sich explizit an Fällen aus der Praxis und biete somit ein umfassendes Nachschlagewerk nicht nur für die Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe, so Leitner.
Drese führte darüber hinaus aus, dass das Land in den vergangenen Jahren zusammen mit Organisationen, Einrichtungen und Fachkräften zahlreiche Maßnahmen ergriffen hat, um den Kinderschutz in MV zu verbessern.
„Wir haben mehrere präventive Programme, Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche und Vernetzungsmöglichkeiten für die verschiedenen Akteure etabliert“, machte Drese deutlich. Die Ministerin verwies unter anderem auf das Bündnis Kinderschutz, die Landesprogramme Frühe Hilfen und Familienhebammen, die Kinderschutzhotline, die Kontaktstelle Kinderschutz sowie die Kinder- und Jugendschutzkonferenz, die in der kommenden Woche bereits zum 17. Mal am 15. Mai 2024 in Güstrow stattfinden wird.
Drese kündigte zudem an, das Mecklenburg-Vorpommern ein eigenes Kinderschutzgesetz plane. „Wir wollen in MV beim Thema Kinderschutz eine Spitzenrolle im Bundesvergleich einnehmen. Von diesem Kinderschutzgesetz soll ein weiterer spürbarer Impuls für den besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen ausgehen“, hob Drese hervor. Hierzu habe bereits ein umfangreicher fachübergreifender Dialogprozess stattgefunden.
Der Auftrag zur Entwicklung der Handreichung „Datenschutz – (k)ein Hindernis im Kinderschutz(!)?“ geht auf eine Empfehlung der „Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) Kinderschutz“ zurück. Die Arbeitsgruppe hatte sich nach Kinderschutzfällen zur Verbesserung des Kindesschutzes gebildet.
Über die Broschüre „Datenschutz – (k)ein Hindernis im Kinderschutz(!)?“ hinaus wurden auch kurze Lehrvideos zum Thema erstellt, die für Ausbildung-, Schulungs- und Belehrungszwecke eingesetzt werden können. Die Handreichung wird daher nicht nur allen tätigen Fachkräften im Kinderschutz zugänglich sein, sondern auch allen Akteuren, die mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt sind.