Erster universitärer Studiengang zur klinischen Pflege in Mecklenburg-Vorpommern
Greifswald – Ab dem kommenden Wintersemester können Interessierte in Greifswald das Fach „Klinische Pflegewissenschaft“ studieren. Greifswald ist die erste Universität in Mecklenburg-Vorpommern, die diesen Studiengang anbietet. Es ist neben Human- und Zahnmedizin das dritte Fach an der Unimedizin und wird in dem neu gegründeten Institut für Klinische Pflegewissenschaften und interprofessionelle Lehre verankert. Die Unimedizin startet mit 30 Studienplätzen. Die Berufsaussichten gelten als hervorragend. Wie wichtig die Pflege ist, sei vielen Menschen erst während der Pandemie wirklich klargeworden, urteilt Prof. Karlhans Endlich.
„Doch auch die Pflege muss weiterentwickelt und professionalisiert werden“, betont der kommissarische Wissenschaftliche Vorstand der Unimedizin: „Dazu brauchen wir akademisches Spitzenpersonal, das beides kann: forschen und pflegen. Ich bin stolz, dass wir diesen Brückenschlag jetzt anbieten können.“
Bisher gibt es in Deutschland überwiegend duale Studiengänge oder Angebote an Fachhochschulen. Dabei kooperieren die Bildungsträger mit Krankenhäusern, sind aber nicht institutionell verbunden. Zudem wird immer wieder die Kritik laut, dass wegen der Praxisbetonung die Forschung zu kurz komme. Der wissenschaftliche Anspruch sei geringer. Bislang gibt es nur zwei Medizinische Hochschulen in Deutschland, die einen solchen Studiengang anbieten. Prof. Wolfgang Hoffmann, Leiter der Abteilung Versorgungsepidemiologie und Community Health, beschreibt das künftige Profil des Greifswalder Pflegestudiengangs.
„Die Studierenden erwerben Wissen und Fähigkeiten jenseits des traditionellen Silodenkens. Sie verbinden nicht nur Forschung und Pflege, sondern bereiten sich auch auf berufsübergreifende Zusammenarbeit vor, um die Bevölkerung sowohl stationär als auch ambulant bestmöglich versorgen zu können.“ Hoffmann betont, dass „wir die Verbindung zu unseren medizinischen Studiengängen selbstverständlich nutzen und das Denken und Handeln im Team als einen Schwerpunkt ansehen“. Künftig bereiten sich angehende Ärzt*innen, Pflegewissenschaftler*innen und Pflegefachkräfte schon während ihrer Ausbildung auf interprofessionelles Arbeiten vor.
Ein weiterer Vorteil des neuen, sechs Semester umfassenden Studienangebotes besteht darin, dass die Absolvent*innen zukünftig neben dem berufsqualifizierenden Hochschulabschluss als Bachelor of Science im Fach „Klinische Pflegewissenschaft“ auch die Berufsqualifikation als Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann erhalten. Studiendekan Prof. Hans Grabe erklärt: „Wir brauchen Top-Frauen und Top-Männer, die vor Ort neue Versorgungsansätze entwickeln und empirisch belastbar untersuchen.“ Langfristig würden sich nur solche evidenzbasierten Vorschläge durchsetzen, ist er sich sicher: „Damit wird die Unimedizin Greifswald zum Innovationstreiber.“ Die Absolventen hätten nach diesem dreijährigen Studium „hervorragende Berufs-Chancen“.
Das Land unterstützt den Aufbau des grundständigen Bachelor-Studiengangs, der neben Humanmedizin und Zahnheilkunde angeboten wird. Prof. Karlhans Endlich versichert: „Wir sind dem Gesundheitsministerium und dem Bildungsministerium ausgesprochen dankbar dafür, dass sie uns mit ihrer weitreichenden Förderung dieses Angebot überhaupt erst ermöglichen.“ Bildungsministerin Bettina Martin und Gesundheitsminister Harry Glawe hätten sich persönlich engagiert und die Unimedizin ermutigt.
Es ist vorgesehen, den Studiengang aus Mitteln des „Europäischen Sozialfonds“ (ESF) bis zum Ende des Sommersemesters 2027 zu unterstützten. Die Gesamtkosten des Studienganges betragen maximal 7,7 Millionen Euro. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit plant, in der Förderperiode 2021 bis 2027 insgesamt bis zu fünf Millionen Euro ESF-Mittel zur Verfügung zu stellen. Das Bildungsministerium des Landes unterstützt den Aufbau in diesem Zeitraum mit etwas mehr als einer Million Euro.
„Pflegende leisten jeden Tag wertvolle Arbeit“, betont Harry Glawe. Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit ist sicher: „Künftig werden sie komplexere und neue Versorgungsaufgaben übernehmen. Diese erfordern eine hochschulische Ausbildung. Mit einem Studium kann die Qualität der medizinischen Versorgung weiter intensiv verbessert werden. Die hochschulische Qualifizierung von Pflegefachkräften bietet die Möglichkeit die Handlungskompetenz der Pflegekräfte bei steigender Anzahl von Pflegebedürftigen zu erweitern und dem erhöhten Pflegebedarf zu begegnen.“
Wissenschaftsministerin Bettina Martin: „Insbesondere die Corona-Krise hat noch einmal deutlich gezeigt, wie unverzichtbar gut ausgebildete Pflegekräfte für unsere Gesellschaft sind. Deshalb ist es wichtig, hoch qualifizierte Ausbildungsmöglichkeiten in unserem Land anzubieten. Mit dem ersten universitären Pflege-Studiengang in Greifswald stellen wir sicher, dass junge Menschen auf akademischem Niveau nicht nur fachlich und praxisnah hervorragend ausgebildet werden. Sie können auch forschungsbasiert die qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung der Patientinnen und Patienten übernehmen. Zudem können die künftigen akademisch ausgebildeten Pflegekräfte Verantwortung in einem interprofessionellen Team wahrnehmen.“