Bildungsministerium startet Anhörung zum Rahmenplan von Gesellschaftswissenschaften
Schwerin – Mecklenburg-Vorpommern will die politische Bildung in der Schule stärken und früher damit beginnen. Vom Schuljahr 2022/2023 an soll das neue Unterrichtsfach Gesellschaftswissenschaften in den Jahrgangsstufen 5 und 6 an zunächst bis zu 45 freiwilligen Modellschulen auf dem Stundenplan stehen. Für sie hat die Rahmenplankommission zusammen mit den Fachdidaktikern in den Universitäten und den Lehrkräften, die in diesen Fächern unterrichten, den ersten Entwurf eines Rahmenplans erarbeitet, der heute in die öffentliche Anhörung gegeben worden ist.
Gesellschaftswissenschaften ist ein Verbundfach, das in den Klassen 5 und 6 die Fächer Geschichte, Geografie und Arbeit-Wirtschaft-Technik (AWT) vereint. Außerdem sollen Inhalte und Methoden des Faches Sozialkunde in diesem Rahmen früher als bisher in den Unterricht eingebunden werden. Das Fach soll dieselbe Stundenzahl umfassen wie die bisherigen Fächer zusammen, also 3 Unterrichtsstunden pro Woche in Jahrgangsstufe 5 und 4 Unterrichtsstunden in Klassenstufe 6.
Anstatt Themen in einstündigen Fächern eindimensional zu behandeln, können Schülerinnen und Schüler im neuen Fach problemorientiert und fächerintegrativ lernen. Die Vermittlung von Kompetenzen und ein ganzheitlicher Ansatz des Lernens stehen im Vordergrund. Diese Form des fächerübergreifenden Unterrichts ist bereits jetzt an den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern möglich und wird an vielen Schulen erfolgreich praktiziert.
Die Einführung von Gesellschaftswissenschaften an den bis zu 45 Modellschulen ab dem Schuljahr 2022/23 wird durch intensive Fortbildungen der Lehrkräfte bereits im kommenden Schuljahr vorbereitet und begleitet. Hierfür hat das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur gemeinsam mit den Universitäten Greifswald und Rostock, dem Landesweiten Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung und der Landeszentrale für politische Bildung ein umfangreiches Fortbildungskonzept entwickelt. Neben den klassischen Fortbildungsveranstaltungen erhalten Lehrkräfte während der Einführung des Faches an ihrer Schule ein begleitendes Coaching.
Nach einer Auswertung der Erfahrungen der Modellschulen könnten zum Schuljahr 2023/2024 dann auch die übrigen Schulen, die über eine Orientierungsstufe verfügen, folgen.
„In den Schulen in Mecklenburg-Vorpommern beginnt das Fach Sozialkunde erst in der 8. Klasse. Das ist zu spät, da sind sich Fachverbände, Gewerkschaften und auch die Schülervertretung einig. Mit dem Fach Gesellschaftswissenschaften wollen wir deshalb Kinder früher an die politische Bildung heranführen mit einem zeitgemäßen Lernansatz“, sagte Bildungsministerin Bettina Martin. „Das Thema ‚Europa‛ wirft beispielsweise geografische Fragen ebenso auf wie Fragen zur Geschichte und zur Politik. Auch technische Aspekte werden im neuen Fach behandelt. Gleiches gilt für das Thema ‚Mensch und Natur‛, das vor allem Fragen zur Nutzung natürlicher Ressourcen durch den Menschen beinhaltet. Es geht darum, fächer- und themenübergreifend zu arbeiten, Zusammenhänge und die komplexe Welt zu verstehen und nicht in einzelnen Schubladen zu denken. An die Stelle von einstündigen Schubladenfächern tritt deshalb ein Verbundfach mit mehr Zeit für ganzheitliches Lernen und weniger Themendoppelungen“, sagte Martin. Diese interdisziplinäre Form des Lernens und Verstehens werde in Zukunft auch im Arbeitsleben immer wichtiger.
Ab Klassenstufe 7 werden die Einzelfächer vertiefend unterrichtet. Die Anschlussfähigkeit ist gesichert. Denn bei der Konzipierung des Faches Gesellschaftswissenschaften hat die Rahmenplankommission streng darauf geachtet, dass die spezifischen Fachzugriffe in den Klassenstufen 5 und 6 erhalten bleiben. „Schülerinnen und Schüler werden in den Klassen 5 und 6 weiterhin erfahren, wie sie mit einem Atlas umgehen, sie werden weiter geschichtliche Grundbegriffe lernen und es wird auch weiter Werken geben, also technische Wissensvermittlung und -anwendung. Die Einführung des neuen Faches werden wir nicht übers Knie brechen, sondern uns genügend Zeit für den Austausch nehmen“, betonte die Bildungsministerin.
„Mit dem Fach Gesellschaftswissenschaften befindet sich Mecklenburg-Vorpommern in guter Gesellschaft. Bundesländer wie Thüringen und Brandenburg oder unsere europäischen Nachbarn Österreich, Luxemburg, Frankreich und die Schweiz gehen seit Längerem diesen Weg“, so Martin.
Im Rahmen der Anhörung haben Fachverbände, Gewerkschaften, Kirchen, Jugendverbände, Universitäten, Institutionen, Träger der außerschulischen politischen Bildung und Demokratiestärkung Gelegenheit, ihre schriftliche Stellungnahme zum Rahmenplan für das neue Fach Gesellschaftswissenschaften im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einzureichen.