Schwerin – Mecklenburg-Vorpommerns Minister für Klimaschutz , Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus, ist morgen 25 Jahre im Ministeramt und damit der dienstälteste Minister Deutschlands. Dies nimmt er zum Anlass, um auf 25 Jahre Arbeit als Minister und seine politischen Schwerpunkte zu reflektieren.
„Zunächst einmal möchte ich mich bei den Bürgerinnen und Bürger im Land bedanken, dass sie mir seit so vielen Jahren den Rückhalt und das Vertrauen schenken, gute Politik für unser Land zu machen. Mein Ansatz war es von Anfang an, sich um die Probleme der Menschen zu kümmern. Man muss am Volk sein und Initiativen starten. Ich habe das immer gemacht, bis heute. Das beginnt bei der Dorferneuerung, dem Bau von Gemeinschaftshäuserm, dem Wegebau und der Infrastruktur im ländlichen Raum, über die Sorgen der Landwirte und die Belange der vor- und nachgelagerten Bereiche der Ernährungswirtschaft, bis zur Flurneuordnung.
Auch wenn Kritiker mir hin und wieder eine gewisse Sprunghaftigkeit vorwerfen, die Entwicklung der ländlichen Räume stand für mich immer im Fokus. Wir haben hier seit 1991 25 Miliarden Euro in investiert und die Dörfer in weiten Teilen des Landes auf Vordermann mit Kindergärten, Schulen, Gemeinschaftseinrichtungen und Feuerwehren auf Vordermann gebracht. Das alles sind Beiträge zu gleichwertigen Lebensverhältnissen. Nicht umsonst haben wir heute vielerorts einen Run auf die ländlichen Räume, vor allem von jungen Familien. Das ist auch in den Speckgürtelregionen und größeren Gemeinden und Städten wirklich gut gelungen.
Ein roter Faden meiner Politik ist auch, dass wir mit stetigen Vergrößerung meines Ministeriums immer neue Erkenntnisse gewonnen haben. Da mag der Eindruck der Sprunghaftigkeit herkommen. Denken wir nur an die Probleme im Grundwasserbereich, die eine strenge Düngeregelung erforderten, den Erhalt der Biodiversität oder den Klimschutz.
Ich habe mich darauf konzentriert, konzeptionell und wissensbasiert zu arbeiten. 1998 habe ich die Leitung des Ressorts übernommen, 2000 haben wir unser Agrarkonzept vorgelegt, in dem wir die Leitlinien unserer Agrar- und ländlichen Entwicklungspolitik niedergeschrieben haben.
Das für mich größte Trauerspiel in diesem Zusammenhang ist die Privatisierung der ehemals volkseigenen Flächen. Das lief anders, als ich es wollte. Hätte man den Ländern die Flächen übertragen, hätten wir Einfluss auf die Strukturen in der Landwirtschaft nehmen können. Wir hätten heute enormen Gestaltungsspielraum, von der Landwirtschaft, über die Energiewende bis hin zu Moor- und Klimaschutz.
Neben der Entwicklung der ländlichen Räume sehe ich auch die Entwicklung unserer Wälder – angefangen von konzeptionellen Arbeiten, wie dem Landeswaldprogramm, über die bundesweit größte Aufforstungsinitiative bis hin zum Aufbau eines Fachzentrums für Waldbrandschutz – als einen großen politischen Erfolg an. Darüber hinaus habe ich immer dafür gesorgt, dass unsere einmaligen Naturlandschaften in weiten Teilen erlebbar bleiben, denn ich bin davon überzeugt: nur was wir kennen und schätzen, schützen wir.
Landschaft und Natur locken Touristen nach M-V, die wiederum für Arbeit und Beschäftigung sorgen. Also müssen die Interessen von Tourismus und Naturschutz miteinander harmonisiert werden. Im Frühjahr 2013 wurde unter Teilnahme von Bundeskanzlerin Merkel das Naturerbe-Zentrum der DBU auf Rügen mit dem Baumwipfelpfad eröffnet. Mit dem Skywalk im Nationalpark Jasmund und dem ersten Nationalen Naturmonument der Bundesrepublik, den Ivenacker Eichen, haben wir weitere touristische Highlights geschaffen.
Selbstverständlich hatten wir auch allerhand Krisen zu meistern: Sturmfluten, Waldbrände, Tierseuchen sind nur einige Bespiele. Ohne meine hochengagierten und hervorragend ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wäre das so nicht möglich gewesen.
Kritisch war insbesondere die Vogelgrippe, die 2006 auf Rügen gewütet hat. Mein Ziel war es, ein Überspringen der Seuche auf Nutztierbestände zu verhindern. Das haben wir erreicht. Im Ergebnis haben wir unsere Strukturen in der Tierseuchenbekämpfung gestrafft und effizienter gestaltet. Das hat sich jüngst auch bei der Afrikanischen Schweinepest bewährt. Dieses Problem haben wir innerhalb von anderthalb Jahren gelöst.
Das ist neben M-V bisher nur 2 Staaten in Europa gelungen. Seitdem ist Mecklenburg-Vorpommern ASP-frei. Einer meiner größten Erfolge in diesem Bereich ist, dass wir das Friedrich-Löffler-Institut auf der Insel Riems ansiedeln konnten. Dort wird Forschung zu Tierseuchen auf Spitzenniveau betrieben.
Für den Schutz der Außen-, Bodden- und Haffküsten wendete Mecklenburg-Vorpommern seit 1991 rund 500 Millionen Euro auf. Damit konnten wir den Schutz der Menschen, Ortschaften und Güter in hochwassergefährdeten Gebieten erheblich verbessern. Die Schutzanlagen sichern heute Gebiete mit insgesamt rund 200.000 Einwohnern und Vermögenswerte von mehr als 1,2 Milliarden Euro.
Ein Beispiel: das Sperrwerk in Greifwald, einem der umfangreichsten und technisch anspruchsvollsten Küstenschutzvorhaben Mecklenburg-Vorpommerns. Zurzeit stellt das Land jährlich knapp 20 Millionen Euro für den Küstenschutz bereit. Seit 1991 wurden außerdem rund 100 Millionen Euro in die Sanierung und den Ausbau des Hochwasserschutzsystems an der Elbe investiert. Damit wurden 110 Kilometer Deiche und zugehörige Anlagen saniert.
Ein anderer wichtiger Meilenstein ist für mich der Bau des Inselhafens Prerow und die damit einhergehende Renaturierung des Nothafens Darßer Ort. Damit wird ein Teil des Nationalparkplans Realität. Zum Ende der Wassersportsaison – konkret zum 15. Oktober 2023 – wurde der Nothafen in der Kernzone des Nationalparks geschlossen.
Als Ersatz für den Nothafen wird in der nächsten Saison der neue Inselhafen verfügbar sein, der auch als kleiner Etappenhafen nutzbar ist und über entsprechende (touristische) Infrastruktur verfügen wird. Mit der Errichtung der neuen, 720 m langen Seebrücke, die den Inselhafen mit dem Festland verbindet, entsteht die längste Seebrücke im Ostseeraum.
Die kommenden Monate werden maßgeblich durch verschiedene Gesetzesinitiativen bestimmt: Wir werden ein Klimaschutzgesetz mit ganz klaren Sektorenzielen beschließen. Wir werden ein Landeswasser- und Küstenschutzgesetz vorlegen. Und schließlich arbeiten wir an einer Zukunftsstrategie für die Landwirtschaft und die ländlichen Räume.
Für mich ist klar, dass wir uns bei der nächsten GAP-Reform noch mehr auf die vier komplexen Themen Klimaschutz, Artenschutz, sauberes Wasser und Ernährungssicherung konzentrieren müssen. „Öffentliches Geld für öffentliche Leistung“ muss der Grundsatz für die Zukunft lauten. Den Begriff habe ich einmal geprägt und ich hoffe, er wird umgesetzt.
Aktuell sieht es so aus, dass die Ökoregelungen, so wie sie vom Bund ausgestaltet wurden nur eine geringe Akzeptanz erfahren haben. Hauptursache dafür ist auch Sicht von M-V die fehlende Anreizkomponente für die Landwirte. Wir haben immer betont, dass die Landwirte mit den zusätzlichen Leistungen für den Klimaschutz, sauberes Wasser und Biodiversität Einkommen erzielen müssen.
Das ist aber mit den berechneten Prämiensätzen nicht möglich. Und da reicht es nicht an kleinen Stellschrauben zu drehen. Der Bund müsste mit der KOM in Verhandlung treten um Grundlegendes an der grünen Architektur zu ändern. Wir sind auf jeden Fall dagegen weitere ÖR einzuführen, die sich dann auch noch mit den Leistungen in der 2. Säule überlagern. Eine Kürzung der Einkommensgrundstützung zu Gunsten einer Erfüllung der Auflagen bei den ÖR wird M-V nicht unterstützen.
Wir dürfen nicht vergessen, die GAP wurde zu Friedenszeiten verhandelt. Die globalen Bedingungen haben sich geändert. Das Thema Ernährungssicherung in Europa hat einen ganz anderen Stellenwert bekommen.“