Gingster Schüler recherchieren mit Volksbund für Kriegsgräberfürsorge zum Schicksal von Gefallenen der Weltkriege
Insel Rügen – Ein Novum an der Gingster Schule. In einem neuen Wahlpflichtkurs beschäftigen sich Schüler aus den 9. Klassen mit einem für sie nicht alltäglichen Thema: Weltkriege und deren Folgen für die beteiligten Menschen.
Kursleiter Jörg Kruspe war überrascht, auf wie viel Interesse seine Idee am Anfang des Schuljahres stieß. Bereits in den Stunden zum Remarque-Klassiker „Im Westen nichts Neues“ erlebte er viele fragende junge Menschen. Zwar liege der 1. Weltkrieg über 100 Jahre zurück, doch noch immer möchten sie mehr über dessen Verlauf und Auswirkungen wissen.
Jetzt bekamen sie bei ihren Untersuchungen tatkräftige Hilfe von Mitarbeitern des Volksbundes für Kriegsgräberfürsorge aus Schwerin und von der Insel Rügen. Landesgeschäftsführer Karsten Richter besuchte den Kurs und gestaltete mit den Schülern eine gemeinsame Unterrichtseinheit.
„Wir berichten dabei nicht nur über unsere tägliche Arbeit“, erklärt Karsten Richter, der den Kreisvorsitzenden Thomas Reichenbach in die Unterrichtsstunde einbezogen hat. Vielmehr wolle man mit den Jugendlichen in eine konfliktreiche Zeit schauen, die damals viele Menschenleben gekostet habe. In einer Zeit, in der vor unserer Haustür Kriege stattfänden, seien Informationen und Aufklärung über geschichtliche Zusammenhänge immer Bestandteil im Unterricht.
„Ich denke, es ist wichtig zu wissen, was in dieser schrecklichen Zeit vor sich ging und in unserem Fall auch, was mit den Kriegstoten passierte“, meint Charlotte Rösch aus der 9b am Ende der Projektstunden. Sie begrüßt die das Anliegen von Karsten Richter, der unter anderem die Datenbank des Volksbundes für Nachforschungen vorstellte. Gerade mit dem Recherche-Instrument der Kriegsgräberfürsorge werden persönliche Schicksale für Schüler nachvollziehbar.
Sie können sich viel besser mit der Thematik beschäftigen und die Hilfe für die Rekonstruktion von Opferbiografien nutzen. Eine Arbeitsaufgabe für den Kurs bestehe darin, zu dem Schicksal von 120 Gingster Männern Nachforschungen anzustellen. Sie werden auf dem Gingster Kriegerdenkmal erwähnt, das von dem ortsansässigen Verein zurzeit wiederhergestellt wird. „Das ist eine mühsame Arbeit“ erklärt Jörg Kruspe, „weil es erst einmal wenige Anknüpfpunkte gibt“.
Und trotzdem werden die jungen Forscher in der Gemeinde aktiv und suchen nach Angehörigen, um beispielsweise biografische Angaben und Momente der Gefallenen und ihrer Familien herauszufinden.
Das ist ein wesentlicher Baustein ihrer wöchentlichen Arbeit. Ein Ergebnis ihres Kurses haben sie bereits der Gingster Bürgermeisterin übergeben. Sie verfassten einen würdigen Text für die 4. Tafel an dem Kriegerdenkmal. Darin gedenken sie der Opfer aller Kriege, von Diktaturen, Gewalt, Hass und Terror und drücken ihre Achtung vor deren Lebensleistung aus.
„Ich freue mich darüber, dass sich die Schule Gingst bei der Nutzung des Denkmals so aktiv einbringt“, sagt Bürgermeisterin Gerlinde Bieker. In dieser Form bekomme das es eine Bedeutung, die wie in anderen Orten der Insel auch über den Bezug zum 1. Weltkrieg hinausgehe.