Rostock – Außenministerin Annalena Baerbock hat heute den Ocean Tehnology Campus (OTC) in Rostock besucht. Aus diesem Anlass weist Mecklenburg-Vorpommerns Minister für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt, Dr. Till Backhaus auf die Bedeutung der Munitionsbergung in der Ostsee hin.
„Ich bin dankbar, dass Deutschland das brennende Thema der Munitionsaltlasten in der Ostsee unter seinem Vorsitz nach der Helsinki-Kommission nun auch im Ostseerat der Außenminister auf die Tagesordnung gesetzt hat. Auf dem Grund der deutschen Meeresgewässer befinden sich nach Schätzungen des Expertenkreises „Munition im Meer“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Nord- und Ostsee (BLANO) insgesamt ca. 1,6 Millionen Tonnen Munition. Allein in der deutschen Ostsee wird von einer Menge von 300.000 Tonnen konventioneller Munition ausgegangen“, so Minister Backhaus.
„Im Rahmen der Projekte DAIMON (Decision Aid for Marine Munition) und UDEMM (Umweltmonitoring für die Delaboration von Munition im Meer) wurden TNT-Abbauprodukte sowie eine erhöhte Anzahl an Leberknoten und Lebertumoren in Fischen in einem Versenkungsgebiet in der Kieler Außenförde nachgewiesen. Ein Muschelmonitoring der Uni Kiel hat dort gezeigt, dass sich sprengstofftypische Verbindungen in Miesmuscheln anreichern. Hier müssen alle Alarmglocken schrillen, insbesondere hinsichtlich der möglichen Anreicherung von Schadstoffen in der Nahrungskette bis zum Menschen“, fährt der Minister fort.
„Daher wurde unter der Federführung MVs auf der 93 Umweltministerkonferenz (UMK) im Herbst 2019 ein Antrag der Küstenländer eingebracht und damit grundlegende und richtungsweisende Beschlüsse gefasst: Neben einem „Screening“ auf kampfmitteltypische Schadstoffe war die Überarbeitung der ursprünglichen Gesamtbewertung der „Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer“ ein zentraler Punkt bei den Beschlüssen der 93. UMK.
Untersuchungen zeigen, dass von der Munition in Nord- und Ostsee vielfältige Gefahren für Mensch und Umwelt ausgehen und Handlungsbedarf besteht. Forschung und Technologieentwicklung sollen daher verstärkt sowie Pilotvorhaben zur Bergung und Entsorgung von Munition aus der Ostsee durchgeführt werden. Ich bin mir sicher, dass das OTC in Rostock, aber auch weitere innovative Institutionen und Firmen hier am Standort, maßgeblich dazu beitragen werden. Ich wünsche mir, dass in Rostock Kompetenzzentrum zur Beseitigung der Altlasten in der Ostsee wird.
Vor unserer Küste M-V liegen zwar nicht die großen Versenkungsgebiete, aber auch hier muss fast überall mit Einzelfunden gerechnet werden und auch in unseren Küstengewässern sind bereits sprengstofftypische Verbindungen nachweisbar. Vor der Küste von M-V liegen ca. 15.000 km² ehemalige bzw. auch noch aktive Schießgebiete. Davon ca. 8.800 km² innerhalb der 12 Seemeilenzone. Insbesondere bei Sandentnahmen für unsere Küstenschutzmaßnahmen stellt die Munition immer wieder ein Problem dar und verursacht erhebliche Aufwendungen und Kosten. Leider tauchen auch immer mal Munition oder Munitionsreste an Stränden auf.
Besonders gefährlich ist hier auch immer der mit Bernstein verwechselte weiße Phosphor. Es ist für uns als Tourismus- und Ernährungsland von zentraler Bedeutung, dass unsere Meere von diesen Gefahrenquellen befreit werden. Ich werde immer wieder gefragt, ob in der Ostsee noch gebadet und der Fisch bedenkenlos gegessen werden kann. Noch kann ich sagen: Ja! Ich möchte aber auch, dass das so bleibt.
Allerdings läuft uns die Zeit weg, der Zustand der Munition wird immer schlechter. Wir müssen nun endlich dazu kommen, dass die Munition aus den Meeren herauskommt. Aber die Beseitigung dieser enormen Mengen aus unseren Meeren wird vermutlich mehrere Jahrzehnte dauen und nach vorsichtigen Schätzungen auch mehrere Milliarden Euro kosten. Für mich stellen die Munitionsaltlasten ein gesamtstaatliches Problem dar. Die Küstenländer dürfen hiermit nicht allein gelassen werden“, so Backhaus abschließend.