Schwerin – In Mecklenburg-Vorpommern soll es bis Ende des Jahres eine Biber-Verordnung geben. Das kündigte der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Dr. Till Backhaus heute im Landtag im Schweriner Schloss an. Die Verordnung soll die Vergrämung oder Entnahme von Bibern erleichtern. Ausnahmen vom bestehenden Tötungs- oder Schädigungsverbot sollen demnach in bestimmten Fallkonstellationen auch ohne vorherige Einzelfallprüfung und Einzelfallgenehmigung durch die zuständige Naturschutzbehörde möglich sein. Einschränkungen werde es in naturschutzrechtlich geschützten Gebieten geben.
„Aus meiner Sicht ist zunächst einmal festzustellen, dass die wachsende Biberpopulation ein absoluter Erfolg des Naturschutzes ist. Der Biber war einst ein sehr weit verbreitetes Säugetier. Vor allem durch die direkte Jagd sind die Biber in Europa und Asien aber fast ausgerottet worden. Nur durch umfangreiche Schutzmaßnahmen vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten konnte der europäische Biber gerade noch rechtzeitig vorm Aussterben gerettet werden“, so Backhaus.
Leider müsse man auch feststellen, dass die Zahl der durch den Biber verursachten Konflikte weiter zunimmt, ergänzte er. 2018 seien dem Landesverband der Wasser- und Bodenverbände nach eigenen Angaben rund 1.100 Problemstellen gemeldet worden. Dazu gehöre unter anderem die Überschwemmung von landwirtschaftlichen Nutzflächen, Wegen, Straßen und Bahntrassen durch den Anstau von Gräben und Bächen, aber auch die Schädigung wichtiger Hochwasserschutzanlagen. Zur Beseitigung der Schäden seien nach Angaben der Wasser- und Bodenverbände allein in 2018 Kosten in Höhe von circa 460.000 Euro entstanden. 2014 seien es nach Angaben der Wasser- und Bodenverbände etwa 700 Problemstellen mit einem Schadensvolumen von rund 50.000 Euro gewesen. „Der Trend ist eindeutig und verlangt nach praktikablen Maßnahmen“, kommentierte Backhaus.
Geeignete Handlungsoptionen im Konfliktfall sind unter anderem der Einbau von Dammdrainagen („Bibertäuscher“), der Rückbau (auf definierte Höhen) oder Abtrag von Biberdämmen, der Einsatz von Verbissschutzmitteln, die Zäunung gefährdeter (Forst-)Kulturen, die Anlage/ Förderung von Gewässerrandstreifen mit Weichhölzern, der Einbau von grabesicheren Materialien in Deichen/Dämmen und in Einzelfällen ggf. auch die Vergrämung oder Entnahme von Bibern.
Auf Basis der letzten Biber-Revierkartierung, die in den Jahren 2013 bis 2015 durchgeführt wurde, ist der Gesamtbestand des Bibers in Mecklenburg-Vorpommern auf 2.300 Tiere geschätzt worden. 2010/2011 waren es noch 1.700 Individuen. „Wir können also davon ausgehen, dass der Bestand auch in den vergangenen vier Jahren weiter angestiegen sein dürfte“, sagte der Minister.
Noch in diesem Jahr werde mit einer neuen Kartierung der Reviere begonnen: „Für die Art Biber ist der günstige Erhaltungszustand bei uns im Land gegeben. Im Falle fehlender zumutbarer Alternativen ist die Vergrämung oder Entnahme von Bibern insbesondere in Risikogebieten, wie Stau- und Hochwasserschutzanlagen, öffentlichen Verkehrsadern, Kläranlagen oder Fischteichanlagen, möglich, ohne dass sich der Erhaltungszustand der Population verschlechtert. Dies soll mit der geplanten Verordnung klargestellt und untersetzt werden“, betonte Backhaus.
In der Verordnung sollen u.a. Regelungen zu folgenden Punkten getroffen werden:
- Zulassung von Ausnahmen zur Vergrämung oder Entnahme in z.B. für den Hochwasserschutz oder Infrastrukturanlagen risikobehafteten Bereichen,
- örtliche und zeitliche Einschränkungen (Schutzgebiete, Phasen der Jungenaufzucht),
- Kreis der zur Vergrämung und Entnahme berechtigen Personen.
Durch die Kombination verschiedener Förderrichtlinien ist es bereits seit 2017 möglich, sowohl die landesweite konzeptionelle Vorbereitung von Maßnahmen zur Konfliktlösung als auch die Maßnahmenumsetzung zu unterstützen. Ziel ist es, ein friedliches Nebeneinander von Bibern und Landnutzern zu etablieren.