Berlin – Die Belastungen des Arbeitsmarktes durch die Corona-Krise sollen weiter abgefedert werden: Der Bundesrat hat am 15. Mai 2020 dem so genannten Sozialschutz-Paket II zugestimmt, das der Bundestag einen Tag zuvor beschlossen hatte.
Es sieht eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes vor. Für diejenigen, die Kurzarbeitergeld für ihre um mindestens 50 Prozent reduzierte Arbeitszeit beziehen, steigt der Betrag ab dem vierten Monat um 10 auf 70 Prozent. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Kindern erhalten weitere 7 Prozent mehr. Ab dem siebten Monat erhöht sich das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent bzw. 87 für Haushalte mit Kindern. Die Regelungen gelten bis Ende 2020.
Außerdem weitet das Gesetz die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Kurzarbeiter aus: Ab 1. Mai 2020 dürfen sie in allen Berufen bis zur vollen Höhe ihres bisherigen Monatseinkommens hinzuverdienen. Die Beschränkung auf systemrelevante Berufe wird aufgehoben. Die Regelungen gelten bis Jahresende.
Erleichterungen kommen auch für Arbeitslose, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2020 endet: Sie erhalten drei Monate länger Arbeitslosengeld.
Weitere Neuregelungen betreffen die Verfahren der Arbeits- und Sozialgerichte: Sie sollen befristet pandemiefest gemacht werden, indem anstelle der Teilnahme an der Verhandlung Video- und Telefonkonferenzen zugelassen werden. Auch ehrenamtliche Richter können sich in Zeiten einer Pandemie per Video zuschalten, wenn ihnen ein persönliches Erscheinen unzumutbar ist. Zudem erhalten das Bundessozialgericht und das Bundesarbeitsgericht die Möglichkeit, gegen den Willen der Verfahrensbeteiligten im schriftlichen Verfahren entscheiden zu können.
Darüber hinaus stellt das Gesetz sicher, dass Kinder aus bedürftigen Familien in Zeiten von pandemiebedingten Kita- oder Schulschließungen weiterhin das kostenlose Mittagessen erhalten, das ihnen über das Bildungspaket zusteht. Auch Beschäftigte in Behinderten-Werkstätten sollen bei geschlossenen Einrichtungen weiterhin mit Mittagessen versorgt werden. Der Bundestag hat in seinem Gesetzesbeschluss ergänzend zum ursprünglichen Gesetzentwurf klargestellt, dass auch pandemiebedingten Mehrkosten sowie die Kosten für die Lieferung des Essens übernommen werden.
Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt. Danach kann es im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll überwiegend am Tag danach in Kraft treten.
In einer begleitenden Entschließung kritisiert der Bundesrat, dass die pandemiebedingten Vereinfachungen von Gerichtsverfahren nur für die Arbeits- und Sozialgerichte gelten sollen. Schließlich seien alle Gerichtsbarkeiten von der Ausbreitung betroffen. Ein Verfahrensstau drohe nicht nur bei den Arbeits- und Sozialgerichten, weshalb eine solche Insellösung nicht tragfähig sei.
Erhebliche Bedenken äußert der Bundesrat angesichts der Möglichkeiten des Bundessozial- und Bundesarbeitsgerichts, im schriftlichen Verfahren gegen den Willen des Beteiligten entscheiden dürfen. Bei rechtlichen Grundsatzfragen, die von den Gerichten entschieden würden, habe die Transparenz einer öffentlichen Verhandlung besondere Bedeutung.
Weiter unterstreicht der Bundesrat in der Entschließung, dass aus den erweiterten Möglichkeiten, Videoverhandlungen zu nutzen, kein Ausstattungsanspruch der Gerichte abzuleiten sei. Es sei vielmehr weiterhin Sache der Länder, ihm Rahmen ihrer technischen und finanziellen Möglichkeiten darüber zu entscheiden.
Vorsorglich weist der Bundesrat daraufhin, dass die Umsetzung der neuen Regelungen noch während der Corona-Pandemie in den meisten Ländern nicht möglich sein wird. Anders als in der Gesetzesbegründung ausgeführt, sei die für Videokonferenzen notwendige Ausstattung noch nicht flächendeckend vorhanden. Private Software dürfe sie nicht ersetzen, unterstreicht der Bundesrat.
Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, ob und wann sie die Anregung des Bundesrates umsetzen will. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.