Schwerin – Die Einigung der EU-Fischereiminister auf niedrigere Fangquoten für die Ostsee stößt bei Mecklenburg-Vorpommerns Fischereiminister Dr. Till Backhaus auf Unverständnis.
„Ich hätte mir gewünscht, dass die EU endlich Alternativen zur Quotenregelung in den Blick nimmt. Die Ursache für die Lage der Bestände ist nicht etwa eine aktuelle Überfischung, sondern vielmehr eine Veränderung der natürlichen Bedingungen in der Ostsee, die auch durch Klimawandel bedingt sein können. Die Kommission selbst weist auf ihrer Internetseite für den Dorschbestand der östlichen Ostsee darauf hin, dass sich die natürliche Sterblichkeit etwa dreimal stärker auswirkt als die fischereiliche Sterblichkeit und es umfassendere und langfristigere Ansätze brauche. Die einzelnen Betriebe stehen jetzt vor schweren Entscheidungen, wie sie in die Zukunft gehen.“
Für die Kutter- und Küstenfischerei des Landes M-V werden 2020 ca. 1.000 Tonnen Hering und 240 Tonnen Dorsch zur Verfügung stehen. Die Heringsquote wurde damit in den Jahren 2018 bis 2020 um ca. 90 % reduziert, die Dorschquote verringert sich seit 2015 um ebenfalls ca. 90 %.
Backhaus geht davon aus, dass rund 100 Unternehmen von den Quotenkürzungen gravierend betroffen sein werden. „Da für die Auslastung der Häfen nicht mehr genügend Rohware zur Verfügung stehen dürfte, werden sowohl Genossenschaften als auch Erzeugerorganisationen über neue Strukturen befinden müssen“, sagte er weiter. Das Land könne bei dem Zusammenschluss von Erzeugerorganisationen finanzielle Hilfen gewähren.
In MV sind aktuell 226 aktive Haupterwerbsfischer registriert. Davon üben 166 Betriebe die Dorsch- und Heringsfischerei aus. Darüber hinaus werden erhebliche Mengen an Plattfischen, Barsch, Zander Aal, Hornfisch und andere Arten gefangen. Die Betriebe landen an 115 Fischereistandorten entlang der Ostseeküste ihre Fänge an. Im Jahr 2018 wurden für Fänge in Höhe von 13.000 Tonnen ca. 9,2 Mio. Euro erlöst.
„Ein Teil der Fänge wird über vier Erzeugerorganisationen vermarktet, ein erheblicher Anteil wird standortnah über die Direktvermarktung veräußert. Dieses schafft ein besonderes touristisches Flair“, betonte Backhaus. Im Ausbau der Direktvermarktung und eine stärkere Einbindung in die Fischgastronomie sehe er zudem eine echte Perspektive. Darüber hinaus seien Maßnahmen zur Diversifizierung notwendig, zum Beispiel die Schaffung von Ferienunterkünften oder die Durchführung von Gästefahrten. Das Landwirtschaftsministerium könne darauf ausgerichtete Investitionen mit bis zu 49 Prozent.
Darüber hinaus wird es laut Backhaus darum gehen, den Unternehmen auch im Jahr 2020 finanzielle Hilfen zur Verfügung zu stellen. So wurden in den Jahren 2017 und 2018 an 133 Unternehmen bei einer zeitweiligen Stilllegung der Herings- und Dorschfischerei Überbrückungsbeihilfen in Höhe von 2,63 Mio. EUR ausgereicht. Auch für 2019 sind ca. 2,3 Mio. EUR vorgesehen. Darüber hinaus muss für 2020 auch über die Gewährung von Abwrackhilfen befunden werden. Dazu bedarf es einer Änderung der EMFF-Verordnung. Der Landesverband der Kutter- und Küstenfischer M-V schätzt ein, dass bereits im Jahr 2020 zehn bis 15 Betriebe die Fischerei einstellen werden.
Die Agrarminister der Länder haben den Bund Mitte September gebeten, für die deutsche Kutter- und Küstenfischerei baldmöglichst gemeinsam mit dem Fischereisektor und den Küstenländern ein tragfähiges Strukturkonzept zu entwickeln.
„Auch für die Betreiber geführter Angelfahrten stehen wieder schwierige Zeiten an. Zwar ist es gelungen, die von der Europäischen Kommission beabsichtigte Fangbegrenzung von 2 auf 5 Dorsche pro Angler und Tag abzumildern, die in den Monaten Februar und März nunmehr festgesetzte Fangbegrenzung von 2 Dorschen je Angler und Tag wird jedoch vor allem Angelkutterbetreiber erneut hart treffen“, sagte Minister Backhaus abschließend.