Struktur-, Regional- und Potenzialanalyse des Handwerks in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt
Schwerin – Wirtschaftsminister Reinhard Meyer hat am Mittwoch (24.05.) Ergebnisse der „Struktur-, Regional- und Potenzialanalyse des Handwerks in Mecklenburg-Vorpommern – Handwerk 2030“ beim Unternehmen Beglau Wärmepumpen GmbH in Rampe (Landkreis Ludwigslust-Parchim) vorgestellt.
„Wir haben nun eine umfassende Bestandsanalyse des Handwerks in Mecklenburg-Vorpommern vorliegen. Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen sollen die strategische Ausrichtung dieses bedeutenden Wirtschaftszweiges noch zielgerichteter gestalten. Das Handwerk ist eine verlässliche Größe der heimischen Wirtschaft und steht, wie viele andere Branchen auch, vor großen Herausforderungen. Diese müssen wir gemeinsam meistern. Eines der wichtigsten Themen ist die Fachkräftesicherung und die damit verbundene Unternehmensnachfolge. Viele Betriebe, die nach der Wende gegründet worden sind, suchen eine Nachfolgelösung“, sagte der Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Reinhard Meyer in Rampe.
Die Analyse wurde vom Volkswirtschaftlichen Institut für Mittelstand und Handwerk (ifh) an der Universität Göttingen erstellt. Die Gesamtkosten betrugen rund 106.000 Euro; das Wirtschaftsministerium hat 75 Prozent der Kosten, die Handwerkskammern aus Mecklenburg-Vorpommern 25 Prozent der Kosten übernommen.
Das Handwerk ist ein bedeutender Wirtschaftsbereich in Mecklenburg-Vorpommern. In den mehr als 19.000 Betrieben sind rund 93.000 Beschäftigte tätig. In der Analyse wurde herausgearbeitet, dass die Überlebensraten von Handwerksunternehmen im Durchschnitt über denen von Nicht-Handwerksunternehmen liegen, was unter anderem durch den strikteren regulatorischen Rahmen im Handwerk begründet ist. Zum einen wird durch die Meisterpflicht eine Positivauswahl von Betrieben durchgeführt, die am Markt agieren können. Zum anderen begrenzt die Zugangshürde die Zahl der Unternehmen am Markt und reduziert somit den Wettbewerb. Fünf Jahre nach der Gründung befinden sich in Mecklenburg-Vorpommern noch fast 60 Prozent der Betriebe am Markt, nach neun Jahren zwischen 40 und 50 Prozent. „Das Handwerk ist konjunkturell robuster als andere Wirtschaftszweige und trägt somit zu einer hohen regionalen Resilienz bei“, erläuterte Wirtschaftsminister Meyer.
„Diese Studie liefert den eindeutigen Beleg für die große wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks in unserem Bundesland. Zwar waren wir uns dessen immer schon bewusst. Es schwarz auf weiß in einer wissenschaftlichen Studie zu lesen, gibt dem Ganzen aber noch mal ein besonderes Gewicht“, sagt Uwe Lange, Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in MV. „Die Studie zeigt aber auch die Risikofaktoren auf. Für starke Frustration sorgt unter anderem die hohe Bürokratiebelastung. Sie trifft die Unternehmer bereits in der Phase der Gründung und wirkt damit abschreckend.“
Eine Reihe von Handwerksbereichen weist eine mittlere bis starke Clusterung auf – das bedeutet, mehrere benachbarte Postleitzahlenregionen zeigen eine erhöhte Handwerkerkonzentration. Dies sind die Ausbau- und Gesundheitsgewerbe sowie die Handwerke für den privaten Bedarf. Die Clusterung der Gesundheitsgewerbe um Rostock herum beispielsweise lässt auf Wertschöpfungsverflechtungen mit der Gesundheitswirtschaft schließen, die in Mecklenburg-Vorpommern einen hohen Anteil an der Gesamtwirtschaftsleistung ausmacht. Weiterhin wurden ein traditionelles Cluster (Bootsbauer, Segelmacher und Tischler) sowie tourismusnahe Cluster (Gebäudereiniger sowie Goldschmiede, Fotografen, Keramiker, Konditoren, Friseure, Kosmetiker und Speiseeishersteller) identifiziert.
Die Altersstruktur im Handwerk ist hoch. Auffällig ist, dass die Inhaber/innen älter sind als im Bundesdurchschnitt. So sind in Deutschland im Jahr 2021 13 Prozent der Inhaber/innen jünger als 40 Jahre, während es in Mecklenburg-Vorpommern nur zehn Prozent sind. Gleichzeitig ist in Mecklenburg-Vorpommern ein größerer Anteil der Inhaber/innen über 61 Jahre alt. Zudem wird die demografisch bedingte Knappheit an jungen Arbeitskräften in den nächsten zehn Jahren weiter zunehmen. Es gibt aktuell Konkurrenzsituationen um Auszubildende mit anderen Wirtschaftszweigen und Organisationen (Bundeswehr, Hochschulen, Tourismuswirtschaft, Gesundheitswirtschaft – hier Krankenhäuser, öffentlicher Dienst). In der Analyse wird vorgeschlagen, verstärkt auf Frauen im Handwerk, ausländische Fachkräfte und eine Unterstützung bei Betriebsnachfolgen zu setzen.
Das Wirtschaftsministerium fördert das Handwerk vielfältig. „Auch künftig werden wir das Handwerk unterstützen. Im Fokus stehen dabei beispielsweise Qualifizierungsmaßnahmen, Innovations- und Investitionsunterstützungen sowie die Möglichkeit zur Beratung, um die Entwicklung neuer Geschäftsfelder voranzutreiben. Aufgrund des technologischen Wandels werden die fachlichen Wissensanforderungen weiter steigen“, so Minister Meyer.
Aktuell fördert das Wirtschaftsministerium das „Meister-Extra“. Dabei wird ein erfolgreicher Abschluss einer Meisterprüfung in Handwerk und Industrie mit 2.000 Euro honoriert; die besten 50 Absolventen eines Jahres erhalten darüber hinaus 3.000 Euro als Einmalzahlung. Seit 2016 wurden 1.697 Meister-Absolventinnen und Absolventen mit insgesamt 2,58 Millionen Euro „Meister-Extra“ prämiert. „Der Weg zu einem Meistertitel oder einer Fachqualifikation kann manchmal aufwendig sein, lohnt sich aber im Ergebnis. Eine Investition in Weiterbildung und Qualifizierung ist die Grundlage für die weitere berufliche Entwicklung. Mecklenburg-Vorpommern und besonders auch das Handwerk braucht gut ausgebildete Fachkräfte“, betonte Wirtschaftsminister Meyer weiter.
Die Meisterprämie sieht einen einmaligen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 7.500 Euro als Unterstützung zum Lebensunterhalt vor. Handwerks- und Industriemeister erhalten diese, wenn sie erstmalig eine Existenz durch Übernahme eines Unternehmens gründen. Seit 2015 wurden 160 „Meisterprämien“ in Höhe von 1,2 Millionen Euro ausgereicht.
Die Nachfolgezentrale zur Unterstützung des Generationenwechsels bringt Unternehmer mit Nachfolgeinteressierten zusammen. Das Projekt wird vom Wirtschaftsministerium, den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern und der Bürgschaftsbank Mecklenburg-Vorpommern betreut.
Um im Handwerk eine hohe Ausbildungsbeteiligung der Betriebe zu gewährleisten und qualitätsvolle Ausbildung zu garantieren, fördert das Wirtschaftsministerium Maßnahmen der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) der Handwerkskammern und ihrer Partner aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung wird vom Bund und vom Land Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam gefördert. Der Finanzrahmen bis 2027 umfasst rund 19,95 Millionen Euro. Zudem erhalten Berufsschülerinnen und Berufsschüler eine finanzielle Unterstützung, wenn sie wegen langer Anfahrtswege zur Berufsschule Fahrt- und Übernachtungskosten begleichen müssen. Das AzubiTicket MV wird in das Deutschland-Ticket überführt.
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es 19.222 Handwerksbetriebe, die insgesamt 92.983 Mitarbeitende haben. Bezogen auf die Gesamtwirtschaft des Landes kommen 19,6 Prozent aller Unternehmen aus dem Handwerk. Die Branche erzielte einen Umsatz von 9,3 Milliarden Euro. Gemessen an der Zahl der Handwerksunternehmen je 10.000 Einwohner weist Mecklenburg-Vorpommern einen Wert von 75,5 aus und liegt damit über dem deutschlandweiten Durchschnitt von 67,4. Die Mehrheit der Handwerksbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt weniger als fünf Personen; 80 Prozent der Betriebe haben weniger als zehn Mitarbeitende. Zudem existieren im Land mehr Ein-Personen-Unternehmen als im bundesdeutschen Durchschnitt. Im MV-Handwerk sind beispielsweise für das Jahr 2018 rund 3.400 umsatzsteuerpflichtige Ein-Personen-Unternehmen verzeichnet, was einem Anteil von 28,9 Prozent an allen Handwerksunternehmen entspricht. Bundesweit werden 26,2 Prozent (= 145.964) der Handwerksunternehmen von Soloselbstständigen geführt.
Auf Basis der Handwerkszählung des Statistischen Bundesamtes wurde gezeigt, dass sich der Anteil des Handwerks an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2019 auf 16,5 Prozent beläuft. Demgegenüber lag der Anteil des MV-Handwerks am landesweiten Auszubildendenbestand im selben Jahr mit rund 27,8 Prozent (= 19.773 Auszubildende).
Die „Struktur-, Regional- und Potenzialanalyse des Handwerks in Mecklenburg-Vorpommern – Handwerk 2030“ steht auf der Startseite des Wirtschaftsministeriums zum Download bereit: https://www.regierung-mv.de/Landesregierung/wm/