Schwerin – Auf Initiative der Fischereigenossenschaft Wismarbucht haben sich Fischer, Wissenschaftler und Naturschutzverbände zu einer Beratung über neue Perspektiven für Küstenfischer in Mecklenburg-Vorpommern getroffen. Aufgrund der hochprekären Lage der Küstenfischerei, die hauptsächlich durch den Abwärtstrend bei den Fangquoten der Brotfische Hering und Dorsch ab 2017 und ganz massiv ab 2020 geprägt ist, aber auch durch andere Krisen wie Brexit, Corona, Ukraine-Krieg und Energie-Transformation, hatte sich schon 2021 der Landesverband der Kutter- und Küstenfischer M-V aufgelöst.
Fischereiminister Dr. Till Backhaus bewertet den Vorstoß der Fischereigenossenschaft positiv: „Ich war freudig überrascht, dass die Fischereigenossenschaft Wismarbucht als immerhin eine der wenigen verbliebenen Organisationen der Sparte einen Vorschlag unterbreitet hat, wie man auf die Misere durch eine Maßnahme der Diversifizierung reagieren könnte.“
Denn es zeichne sich schon seit Jahren ab, dass die Sparte kaum noch Nachwuchs generiert, so Backhaus. Aufgrund der Altersstruktur der Haupterwerbsfischerei würden bis 2035 noch höchstens um die 60 Berufsfischer allein nach dem Alter verbleiben, wenn keine Auszubildenden dazustoßen.
„Für Jungfischer sind die Rahmenbedingungen so schlecht, dass der traditionelle Beruf, den auch heute noch viele junge Menschen ergreifen würden, keine ausreichenden Einkommensmöglichkeiten unter noch immer harten Arbeitsbedingungen bietet. Wollte man junge Menschen animieren, noch Fischer zu werden, benötigt man perspektivisch flankierenden Tätigkeiten, die ein Auskommen sicherten“, waren sich der Minister und die Vertreter der Fischerei einig.
So wurde der Gedanke geboten, dass die Fischer – es sind noch immer praktisch durchgängig Männer – doch eigentlich prädestiniert wären, aufgrund ihrer Erfahrungen, ihres Knowhows, ihrer Gewässerkenntnis und ihrer oft auch über den Beruf hinaus bestehenden Kompetenzen als „Hüter des Meeres“ zu fungieren, wie es die EU-Kommission in ihrem aktuellen Fischereipaket als Zukunftsoption darstellt.
„Bei der Genossenschaft sieht man Analogien zum Förster, der seinen Wald hegt und pflegt, zugleich Erträge generiert, darunter auch Wildbret. Das ist mir natürlich sehr gut bekannt. Zwar ist dies mit dem Küstenfischer auf dem Meer nur eingeschränkt direkt vergleichbar, aber zumindest in puncto Erfahrungshintergrund gibt es für viele alteingesessene Fischer kaum Konkurrenz in den Gewässern vor ihrer Haustür. Diesen Erfahrungsschatz zu heben und der Gesellschaft zugänglich zu machen und gleichzeitig den Fischern zusätzliche Einkommensmöglichkeiten zu schaffen – dies steckt hinter der Überlegung zur Einrichtung einer berufsorientierten Fortbildung zum Fachwirt für Fischerei und Meeresumwelt“, schätzt der Minister die Offerte ein. Dabei könne es auch dazu kommen, dass die Fischer ihren Kernberuf, zumindest noch für einige Zeit mit geringen Fangmöglichkeiten, temporär auch im Nebenerwerb ausüben.
Diese Fortbildung soll eine Brücke bauen zwischen den Kernkompetenzen erfahrener Fischer und den vielfach gegebenen Anforderungen verschiedenster Bereiche – Umwelt, Naturschutz, Monitoring, Forschung, Begleitung von Eingriffs- und Ausgleichsmaßnahmen, Aquakultur, Assistenz für Erneuerbare Energien und andere Wirtschaftspartner, Tourismus – für Tätigkeiten auf dem Meer, bis hin zu sozialen und kulturellen Aspekten der Bewahrung des Kulturerbes, der Umweltbildung, der Präsenz einer altehrwürdigen traditionellen Sparte in den Häfen und Küstenorten des Landes.
„Es freut mich sehr zu hören, wenn auf der Veranstaltung von allen Seiten begrüßt wurde, dass mit einer solchen Ausbildung und späteren Tätigkeitsfeldern das Berufsbild des Fischers eine neue, moderne Ausprägung erhalten könnte und die heute oft sehr kritische Distanz zwischen Vertretern der Fischerei, der Umweltverbände und der Wissenschaft leichter zu überbrücken sein könnte“, freut sich Dr. Backhaus.