Stralsund – Auf ihrem Neujahrsempfang in Stralsund hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig den Aufbau des Landes Mecklenburg-Vorpommern seit der Deutschen Einheit gewürdigt. „30 Jahre, eine Generation lang, haben die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern unser Land schöner, besser und lebenswerter gemacht. Die Aufbauarbeit hat sich gelohnt“, erklärte die Ministerpräsidentin vor ihren rund 400 Gästen im Stralsunder Theater.
„Wenn wir vor 30 Jahren durch die Stralsunder Altstadt zum Theater gelaufen wären, wären wir an Ruinen vorbeigekommen. Viele der alten Häuser, die heute so schön renoviert sind, standen leer. Wir haben seit 1990 die historischen Städte und Dörfer restauriert. Die Altstadt von Stralsund zählt heute zum Weltkulturerbe. Wir haben Straßen gebaut. Unternehmen haben sich angesiedelt. Die Beschäftigung ist gestiegen. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken. Die Abwanderung ist gestoppt“, hob die Ministerpräsidentin hervor.
Noch nicht ausreichend vorangekommen sei die Angleichung der Löhne. Allerdings seien auch hier Fortschritte erzielt worden. Das Bruttoinlandsprodukt sei seit Gründung des Landes auf fast das Dreifache gestiegen. Auch der Landesteil Vorpommern habe sich in den letzten Jahren gut entwickelt.
„All das haben die Menschen in unserem Land geschafft. Diejenigen, die hier geboren wurden, und diejenigen, die in den vergangenen 30 Jahren nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen sind. Das verdient Anerkennung und Respekt. Vielen Dank an alle, die sich seit 1990 für unser Land engagiert haben“, sagte die Ministerpräsidentin.
„Mir ist wichtig, dass diese Generation, die all das geleistet hat, keine Angst vor dem Alter zu haben braucht“, sagte die Ministerpräsidentin weiter. Deshalb habe sie sich auf Bundesebene persönlich für die Einführung einer Grundrente eingesetzt. Gerade in Ostdeutschland hätten nach 1990 viele Menschen zu nur niedrigen Löhnen arbeiten müssen. Viele seien unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten. „Die Grundrente ist für diese Menschen nicht nur ein Schutz vor Altersarmut. Die Grundrente ist auch eine Respekt-Rente für die Aufbaugeneration. Respekt vor einem Leben, in dem vieles anders gekommen ist, als man dachte.“ Im vergangenen Jahr habe man sich nach schwierigen Verhandlungen auf Eckpunkte verständigt. In diesem Jahr müsse die Grundrente auf den Weg gebracht werden.
„Wir haben allen Grund, optimistisch ins neue Jahrzehnt zu gehen“, erklärte die Ministerpräsidentin. „Die Menschen, die um 1990 herum geboren wurden, die Menschen, die so alt sind wie unser Land, brauchen heute nicht mehr wegzugehen, um Arbeit zu finden. Sie haben alle Chancen hier in Mecklenburg-Vorpommern. Es gibt Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Wir gewinnen neue Unternehmen für unser Land, zum Beispiel aus der Medizintechnik. Sie bringen gute, moderne Arbeitsplätze mit, damit sich die gute wirtschaftliche Entwicklung auch in besseren Löhnen für die Beschäftigten auszahlt.“ Die Zugehörigkeit zu den Metropolregionen Hamburg und Stettin würde dem Land neue Chancen eröffnen.
Ziel der Landesregierung sei es, dass sich Mecklenburg-Vorpommern im neuen Jahrzehnt weiter gut entwickelt. „1,7 Milliarden Euro investieren wir in diesem Jahr in Wirtschaft und Arbeit, Kitas und Schulen, in die Ausstattung unserer Kommunen und in die Infrastruktur“, erläuterte Schwesig.
Das neue Jahr sei mit der Abschaffung der Elternbeiträge für die Kita schon gut gestartet. „Seit dem 1. Januar sind Krippe, Kindergarten, Tagesbetreuung und Hort für Eltern in unserem Land gebührenfrei. Damit sind wir Vorreiter in ganz Deutschland“, sagte Schwesig. Im Schulbereich plane die Landesregierung ein 200-Millionen-Paket. Unter anderem soll im Sommer die Bezahlung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer verbessert werden. Außerdem gebe es zusätzliche Mittel für das Schulbauprogramm.
Die Ministerpräsidentin begrüßte den Vorschlag von Wirtschaft und Gewerkschaften zur Einführung eines Azubi-Tickets: „Gerade in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern wäre ein Azubi-Ticket eine konkrete Unterstützung für junge Menschen. Allerdings brauchen wir dafür eine seriöse Finanzierung. Wir haben deshalb im Zukunftsbündnis eine entsprechende Studie zu den Kosten in Auftrag gegeben. Und es gibt auch schon Signale aus der Wirtschaft, sich zu beteiligen. Wir sollten dieses Jahr nutzen, um ein gemeinsames Konzept zu entwickeln. Das Azubi-Ticket muss eine gemeinsame Aktion mit gemeinsamer Finanzierung sein.“
Mit dem neuen Haushalt würden zudem die Investitionen in den Breitbandausbau verstärkt und die Mittel für die Kommunen deutlich angehoben. „Ab diesem Jahr reicht das Land jedes Jahr 1,5 Milliarden Euro pro Jahr an die Kommunen weiter“, so die Ministerpräsidentin.
Der Anfang eines neuen Jahrzehnts lade ein, sich zu überlegen, wie die Zukunft aussehen könnte und sollte. Die Landesregierung werde deshalb ab dem 2. Quartal einen Dialogprozess unter dem Titel „Mein MV 2030“ starten. „Es wird Veranstaltungen im ganzen Land geben. Wir planen Foren für Jugendliche, für ältere Menschen, für alle Bürgerinnen und Bürger“, kündigte die Ministerpräsidentin an und lud alle Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme ein.
„Mit Menschen zu sprechen, sich auszutauschen, auch wenn man anderer Meinung ist: Das ist der Kern von Demokratie“, betonte Schwesig. Sie sehe mit Sorge, das bei vielen Debatten heute allzu schnell in ein Schwarz-Weiß-Denken verfallen wird. „Unterschiedliche Meinungen auszuhalten, kann anstrengend sein. Aber es ist auch spannend. Denn auch der andere könnte Recht haben. Wenn man sich austauscht, werden alle Beteiligten klüger. Und das, was man danach tut, ist besser und durchdachter. Diskussion braucht die Bereitschaft, sich darauf einzulassen. Und das braucht Geduld.“
Die Aufgabe der Politik sei es, „in der Vielfalt der Meinungen einen Weg zu finden, auf dem möglichst viele mitgehen können. Auch das geht nicht immer von heute auf morgen. Und es ist oft anstrengend. Aber die Suche nach dem gemeinsamen Weg ist das, was Demokratie stark macht“, erklärte die Ministerpräsidentin.
„Wenn wir in diesem Jahr 30 Jahre Mecklenburg-Vorpommern feiern, dann feiern wir auch 30 Jahre Demokratie in unserem Land. Es gibt immer wieder Angriffe auf die Demokratie. Es sind wenige, die die Demokratie weghaben wollen, aber sie machen mit Lautstärke, Einschüchterung und manchmal mit Gewalt auf sich aufmerksam. Dagegen müssen wir unsere Demokratie verteidigen und stärken.“, sagte die Ministerpräsidentin. „Trotz all ihrer Schwächen ist die Demokratie die mit Abstand beste Staatsform, die wir kennen.“