Schwerin – Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern setzt sich bei der Europäischen Kommission dafür ein, dass Abwrackprämien zur endgültigen Einstellung der Fangtätigkeit nicht nur an Unternehmen gezahlt werden, die in der östlichen Ostsee aktiv sind, sondern auch an die Betriebe, die den Westdorsch und den Westhering befischt haben. Dafür soll Artikel 34 der EMFF-Verordnung angepasst werden, die die Förderung einer endgültigen Stilllegung bisher bis zum 31. Dezember 2017 begrenzt.
Das verkündet Agrarstaatssekretär Dr. Jürgen Buchwald heute auf einer Informations- und Diskussionsveranstaltung des Landesamts für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) Mecklenburg-Vorpommern vor über 100 Kutter- und Küstenfischern des Landes. Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus ist in dieser Angelegenheit heute eigens nach Brüssel gereist.
„Mit der Abwrackprämie würden wir Betrieben, die nicht oder kaum wirtschaftlich sind, den Ausstieg vereinfachen. Dabei freiwerdende Quoten könnten durch den Staat zielgerichtet neu vergeben werden. Auch haben wir uns bei der EU-Kommission dafür ausgesprochen, die Quoten bei Unternehmen mit mehreren Fahrzeugen auf ein Fahrzeug zu konzentrieren. Dadurch können die quotenfreien Fahrzeuge außer Dienst gestellt werden. Dadurch würde sich das Verhältnis von Fangkapazitäten und Fangmöglichkeiten ebenfalls verbessern. Unser Ziel ist es nicht, die Fischerei aus dem Land verschwinden zu lassen, sondern Existenzen abzusichern und Strukturen zu schaffen, auf denen wir eine zukunftsfähige Ostseefischerei aufbauen können, die auch die Freizeitfischerei, die Fischereihäfen und den Tourismus einbezieht. Dafür muss es in Abstimmung von Bund und Küstenländern zeitnah ein tragfähiges Konzept geben“, erläutert Buchwald.
Für Mecklenburg-Vorpommern seien bislang zehn Betriebsschließungen angekündigt. Notwendige Abwrackprämien dürften hierzulande bei ca. 1,3 Millionen Euro liegen.
Darüber hinaus sei mit einem deutlichen Rückgang der insgesamt 46 Schleppnetzbetriebe zu rechnen, sagt Buchwald. Deshalb mache es Sinn, Vermarktungsstrukturen zu bündeln. Bislang gebe es in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern insgesamt sechs Erzeugerorganisationen. Aus Sicht des Ministeriums mache es Sinn, wenn in jedem der beiden Bundesländer je eine Erzeugerorganisation existiert.
„Es ist denkbar, dass sich in S-H vor allem Schleppnetzbetriebe und in M-V vor allem Stellnetzbetriebe organisieren. Dieses würde der Fischereistruktur in dem jeweiligen Land am ehesten entsprechen“, sagt Buchwald.
Fraglich sei die Auslastung des 2005 in Betrieb genommenen Fischwerkes der Euro-Baltic-Fischverarbeitungs GmbH in Sassnitz/Mukran, insbesondere im ersten Halbjahr 2020. Das Werk benötigt zur Auslastung ca. 50.000 Tonnen pro Jahr. Bislang wurden jährlich von März bis Juni 8.000 Tonnen bis 10.000 Tonnen Ostseehering in dem Werk verarbeitet. 2019 sind es voraussichtlich ca. 3.000 Tonnen. Außerdem werden ca. 40.000 Tonnen Nordseehering verarbeitet. Der zu 80 Prozent in britischen Gewässern gefangene Nordseehering kann im ersten Halbjahr jedoch nicht verarbeitet werden, da Nordseehering erst ab August des Jahres den notwendigen Fettgehalt hat.
Abschließend fordert Agrarstaatssekretär Buchwald eine Novellierung des Mehrjahresplanes für die Ostsee. „Wir brauchen Regelungen, die einen längerfristigen Aufbau der Fischbestände mit künftig wirtschaftlich vertretbaren jährlichen Quotenschwankungen ermöglichen. Für die betroffenen Unternehmen ist damit nach der Konsolidierung des Fischereisektors die Basis einer mittel- und langfristigen Unternehmensplanung zu gewährleisten.“ Auch brauche es Alternativen zur Quotenregelung, da die Fischwirtschaft nachweislich nicht Hauptursache für den Bestandsrückgang sei.
Nach Ansicht von M-V sollte geprüft werden, ob durch eine deutliche Erhöhung der Maschenöffnungen in der Dorschfischerei auf ein Quotenmanagement verzichtet werden kann. Dieses würde durch die Schonung zusätzlicher Jahrgänge gegebenenfalls die schlechte Reproduktionsrate verbessern. Denkbar sei auch, große Gebiete der Ostsee für die Fischerei komplett zu schließen und Fischerei nur noch in einem Abstand von 6 Seemeilen von der Küste aus zuzulassen – dies aber frei von weiteren Regularien.
Prof. Frerk Feldhusen, Direktor des LALLF, fordert die anwesenden Fischer auf, gemeinsam die Möglichkeiten für Wege aus der Krise zu diskutieren. „Ihre Mitwirkung ist für die Entwicklung von Lösungsansätzen unbedingt erforderlich“, unterstreicht er. „Dafür stehen Ihnen die Türen der Behörden offen.“