Insel Rügen – Die Entwicklung der Fischbestände und die damit verbundenen Fangeinschränkungen für die hiesige Fischerei gibt Mecklenburg-Vorpommerns Fischereiminister Dr. Till Backhaus Anlass zur Sorge. Der 2016 in Kraft getretene Mehrjahresplan für Dorsch, Hering und Sprotte in der Ostsee zeige bisher nicht die erhofften positiven Effekte, sagte er heute in Sassnitz, wo er gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Produktionshallen der Euro-Baltic Fischverarbeitungs GmbH besichtigte. Die Gründe hierfür sehe er nicht allein im Fischfang. Auch die Auswirkungen des Klimawandels müssten in die Prognosen zur Fischbestandsentwicklung stärker einbezogen werden.
Backhaus betonte, dass die traditionelle Kutter- und Küstenfischerei in Mecklenburg-Vorpommern erhalten und langfristig gesichert werden müsse. „Wir dürfen nicht sehenden Auges zulassen, dass uns die nach der Wende neu geschaffenen fischereilichen Strukturen einfach wegbrechen“, führte er aus. Seit 1991 seien Fördermittel in Höhe von 253 Millionen Euro an die Fischwirtschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern ausgereicht worden. Damit seien Investitionen in Höhe von 410 Millionen Euro ermöglicht worden.
„Die Fischerei ist ein Stück Landeskultur und insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung der maritimen Standorte an der Ostseeküste von entscheidender Bedeutung. Dazu gehört letztlich auch der Tourismus. Ein Ostseebesuch ohne ein Fischbrötchen direkt vom Kutter. Das kann niemand wirklich wollen“, so Backhaus.
Umso wichtiger sei es, aktiv zu handeln: „Wir dürfen nicht wie das Kaninchen vor der Schlange verharren und auf die Quoten-Entscheidung im Oktober warten. Deshalb werde ich mich gegenüber dem Bund und der EU weiterhin für die Belange der Fischerei einsetzen“, versprach er. Dazu gehören unter anderem
- totale Fangverbote zu verhindern und Sonderreglungen für die kleine handwerkliche Kutter- und Küstenfischerei zu ermöglichen,
- die Folgen des Brexit, wie zum Beispiel der drohende Verlust von Fanggebieten, möglichst gering zu halten,
- beim Internationalen Rat für Meeresforschung eine Überprüfung der bisherigen Modellrechnungen zu erwirken mit dem Ziel die praktischen Erfahrungen der Fischerei besser in die Fischbestandsmodellierungen einfließen zu lassen,
- Alternativen zur Quotenregelung zu finden, zum Beispiel die Stärkung der Nachwuchsproduktion durch großmaschige Netze,
- die Forschung zu den Ursachen und dem Umgang mit dem Klimawandel zu verbessern,
- und die regionale Vermarktung zu stärken.
Die Heringsquote für MV lag im Jahr 2008 bei 14.700 Tonnen und wurde bereits 2009 um 40 Prozent auf knapp 9.000 Tonnen gekürzt. 2018 lag sie bei nur noch 5.750 Tonnen und wurde für 2019 nochmals fast halbiert.
Ähnlich beim Dorsch: Durften 2008 in MV noch rund 2.300 Tonnen Dorsch gefangen werden, lag die Quote 2018 bei dem historischen Tief von rund 860 Tonnen. Diese lag 2019 mit insgesamt rund 1040 Tonnen nicht spürbar höher.
Der Fangstopp für Dorsche aus der östlichen Ostsee und eine Halbierung der Fangmenge beim Dorsch der westlichen Ostsee, wie es der Internationaler Rat für Meeresforschung für 2020 empfiehlt, sei für die kleine Hochsee- und Küstenfischerei nicht mehr zu verkraften, sagte Backhaus in aller Deutlichkeit.
„Von den rund 1.400 Haupterwerbsfischern in 1989 sind derzeit nur noch 230 Unternehmen übrig. Mehr als die Hälfte der Fischer ist mittlerweile älter als 60 Jahre – das schreit nach klaren Perspektiven“, sagte Minister Backhaus abschließend.